Bye bye Santa Clara
Im etwa 4,5 m hohen Vorraum unseres Zimmers, der einen mit seiner Einrichtung und dem lamellenartig angeordneten, gläsernen Raumteiler in die 70er Jahre zurückversetzte, wartete schon ein reich gedeckter Frühstückstisch auf uns. Es machte den Eindruck, als erwartete man 6 Personen oder mehr zum Essen, aber nein, es war alles für uns.
Anschliessend liessen wir aber nicht mehr viel Zeit verstreichen und brachen auf. Wir hatten uns schon am Vorabend darauf geeinigt, die Runde heute, trotz des verbleibenden Tages mit Auto, in Havanna zu beenden. Zunächst stand noch das leidige Thema von gestern auf dem Plan: Benzin. Das war hier in der Stadt jedoch zum Glück etwas einfacher, als noch gestern auf dem Lande. Nach eineinhalb Zentrumsumrundungen entschieden wir uns für eine Tankstelle. Beim Tankwart im Häuschen gab man an, wie viel Geld man in Sprit umwandeln wollte, danach ging es an die Säule. Rüssel rein und laufen lassen, bis es automatisch beim gewählten Betrag stoppt. Gut schätzen hilft da beim Volltanken erheblich weiter und ich lag dieses Mal nur knapp einen Liter daneben. Daneben bedeutete in diesem Falle allerdings, dass dieser eine Liter nicht mehr hinein passte und letztendlich daneben floss. Erfolg war hier, dass die Hose nichts abbekam. Deckel drauf und weg!
Routiniert und ohne Verfahrer war der Weg zur Autopista schnell gefunden. Mit Santa Clara im Rücken und den letzten 270 km vor uns entglitt mir dann der Satz „Und nun kann uns nichts mehr aufhalten!“. Ungelogen, keine 5 Sekunden später belehrte mich ein leicht kratzendes Geräusch hinten rechts eines Besseren. Auch wenn das Fahrverhalten des Geely unverändert blieb, parkten wir den Chinakohl da, wo er eigentlich hingehört, am grünen Randstreifen des 6-spurigen Feldweges. Wir stiegen aus und Doreen meinte recht schnell, DER wäre platt …
Naja, das bei der Autoübernahme zum Glück von mir geprüfte Ersatzrad war schnell angeflanscht und es konnte weitergehen. Leicht ironisch begann ich erneut den Satz „Und nun kann uns nichts..“, Doreen aber unterbrach mich sofort und meinte mit sehr sehr ernstem Gesicht, ich solle es nicht sagen!
Ich folgte und vielleicht auch darum erreichten wir keine 3 h später die Hauptstadt.
Einige Gesichter Havannas
Nach einer unaufgeregten Fahrt mit einer Eispause und natürlich etwas Bammel vor einem weiteren Reifenschaden erreichten wir Havanna, wo wir direkt erst einmal das Hostel ansteuerten, welches uns schon für die erste Nacht ein Zimmer vermittelt hatte. Mit Leichtigkeit standen wir so keine 20 min später vor einem Bett für die nächsten beiden Nächte.
Bevor wir die Möhre aus Fernost wieder der Vermietung übergaben, nutzen wir sie noch für eine letzte kleine Fahrt. Etwas zu weit für einen Spaziergang besuchten wir den Plaza de la Revolución, einer Art Gedenkplatz zu Ehren einiger Staatshelden, voran Jose Marti, aber auch Che Guevara und Camilo Cienfuegos. Die Sonne brannte auf die riesiege betonierte Fläche und somit strahlte von überall die Hitze.
Nun aber ging es vom Platz der Revolution zum Museum der Revolution, genau eben das Museum, welches schon einen Tag lang unsere ziemlich geteilte Aufmerksamkeit bekam. Der Geely war abgestellt, Doreen nahm erneut vor dem Gebäude Platz und ich suchte das Büro der Vermietung auf. Völlig überraschend wartete niemand vor oder in dem kleinen Raum, nur ein einsamer Mitarbeiter füllte Formulare aus. Gemeinsam gingen wir raus zum Boliden, er prüfte Tankfüll- und Kilometerstand, ich verschwieg das plat.. und kein halbes Kapitel später konnte Doreen ihr Buch wieder zuschlagen.
Ein Altstadtrundgang sollte den Tag soweit abschließen, dieser brachte allerdings auch die ein oder andere Erfahrung mit sich. Eine davon läßt sich recht leicht verallgemeinern: Wenn Dich in Havanna jemand von sich aus und ohne ersichtlichen Grund anspricht, dann möchte er letztendlich Geld von Dir! Eventuell werden nun einige aufschreien und sagen, man könne doch nicht alle über einen Kamm scheren. Nun, prinzipiell wollen wir das auch nicht, aber unsere Erfahrungen hier in Havanna haben uns das genau so gelehrt.
Um die Sache noch kurz zu erläutern, ein Beispiel: Man läuft gemütlich durch die Altstadt und wird immer, egal ob mit oder ohne Kamera um den Hals, als Tourist wahrgenommen. Somit ist man potenzieller Geldherumträger und wird im Vorbeigehen einfach mal angesprochen, wobei nach dem englischen „Wie geht’s?“ grundsätzliche die Frage „Wo kommst Du her?“ folgt. Antwortet man entsprechend, packen diese Personen sofort ein paar Sätze in der jeweiligen Landessprache aus und behaupten, den ein oder anderen Bruder oder irgendeine Cousine in der Hauptstadt des jeweils genannten Landes zu haben. Dem ersten glaubt man das noch, wenn auch leicht zweifelnd. Trifft man den ersten aber zwei Tage später wieder, behauptet testend, man wäre aus Schweden, und dieser hat dann plötzlich Brüder in Stockholm, wird aus dem Zweifel schnell eine Sicherheit und somit eine Erkenntnis. Wie auch immer, nach dem oberflächlichen Aufbau einer Verbindung, versucht die Person einem dann vermeindliche Tipps für gute Restaurants, Bars oder Hinterhofzigarrenverkäufer zu geben und möchte einen auch gleich dorthin begleiten.
Auf den Ersten, so muss ich zugeben, bin ich bzw. sind wir noch reingefallen. Er wollte uns zeigen, in welcher Bar gerade der Pianist vom Buena Vista Social Club spielt, führte uns hin und nahm mit uns am Tisch Platz und begann bei einem Cocktail zu erklären, dass er für seine Familie sorgen müsse und das am besten könne, wenn er uns Zigarren verkauft. Ich war durch den Reiseführer informiert, dass auf der Straße für gewöhnlich minderwertige oder fehlerhafte Ware verkauft wird, da ich aber nicht rauche und die Zigarren nur als Souvenir brauchte, meinte ich, er solle mal ein paar zeigen. Er brachte welche an, wir verhandelten über den Preis, wurden uns einig und das Ergebnis steht mittlerweile gerahmt im Regal. Nun verlangten wir die Rechnung, die Bedienung brachte für die 3 Cocktails eine gemeinsame Rechnung von umgerechnet knapp 30 EUR. Generell geschockt sagte ich, wir zahlen getrennt, worauf unser
bester Freund plötzlich gar kein Geld mehr dabei hatte. Er behauptete sogar, wir hätten ihn eingeladen. Nun wurde ich wirklich sauer, meinte noch einmal zur Bedienung, dass ich nur meine beiden Getränke bezahle, was die Bedienung nicht akzeptieren wollte. Die Diskussion begann und endete mit mir als Verlierer und Gewinner, da ich seinen Drink zwar bezahlt habe, mir soetwas aber nie wieder passieren wird. Also merkt Euch: Der schräg aussehende dunkle Typ mit MEINEM Cocktail in der Hand ganz rechts auf dem Dreierselfie ist ein cleveres Arschloch, der Typ mit der Mütze links auf demselben Bild war ein Blödmann!
Übrigens, der Pianist vom Buena Vista Social Club war tatsächlich dort und spielte kostenfrei. Allerdings wurden deshalb die üblichen Cocktailpreise verdoppelt.
In Gesprächen mit ehrlichen Einheimischen, dem überwiegenden Teil der Leute, erfuhren wir, dass die Polizei in Kuba das Wort eines Touristen immer über das eines Kubaners stellt. Behauptet man als Urlauber also, man wurde von einer konkreten Person bestohlen, wandert die erstmal so ohne Weiteres in den Bau. Aus diesem Grund quatschen die zwielichtigen Gestallten einem das Geld lieber aus den Taschen und damit ist echter Diebstahl recht unüblich hier. Wieder was gelernt!
Am Abend mischten wir uns noch für ein Stündchen ins bunte Treiben auf dem Malecon, der schon kurz erwähnten, berühmten Uferpromenade von Havanna. Viele Kubaner und ein paar Reisende in Unterzahl verbrachten hier mit selbstversorgten Rum-Mixgetänken und Freunden ihren Feierabend. Die Stimmung war ausgelassen sowie freundlich, und das meine ich nicht im Sinne des freundlich vom Nachmittag!