Bevor es im nächsten Beitrag mit der Berichterstattung los geht, haben wir diesmal das Bedürfnis, hier ein paar einleitende Worte zum Besten zu geben:
Schauen wir zurück auf die vorzeigbaren Reisen, die wir bisher erfolgreich hinter uns gebracht haben, müssen wir sagen, dass es während unserer Kuba-Reise eine Art Premiere gab. Um genau zu sein schlich sich in den letzten Tagen der ersten Woche vorort ein ungewohntes Gefühl ein. Doreen beschrieb dieses im Nachhinein recht treffend mit den Worten: „Kuba hat uns nicht so wirklich befriedigt“.
Natürlich dachten wir schon dort darüber nach, woran das liegen könnte, was genau uns eventuell fehlt, ob es vielleicht sogar an uns liegt!? Wir sprachen auch mit anderen Reisenden, fragten, wie sie das Land finden. Die Antwort war meist, dass es ihnen gefällt. Wollte man wissen, was genau, so bekam man eigentlich immer die gleichen zwei Antworten: Zum einen die aufgeschlossenen Menschen, die trotz ihrer recht ärmlichen Situation offenherzig und gebend waren, gern das wenige teilten, was sie besaßen. Zum anderen das erwartete und wohl typische, wie auch einzigartige Flair der, mit geringsten Mitteln und viel Einfallsreichtum am Leben bzw. Sterben gehaltenen, einst wahrscheinlich mal prunkvollen Infrastrucktur und Fortbewegungsmittel.
Diese beiden genannten Dinge sind unbestreitbar und haben auch uns immermal wieder erfreuen und beeindrucken können, aber vollends ausgefüllt haben sie unsere Zeit in Kuba nicht wirklich.
Wahrscheinlich war es die Weite und Ruhe schöner oder ausgewöhnlicher Landschaften, die uns oft als Ausgleich zum Trubel der lebhaften Städte und Ortschaften fehlte.
Trotzdessen jedoch haben wir einiges gesehen und erlebt, darunter auch schöne und unvergessliche Momente. Und da auch wir gern teilen, hier unsere kleine Reise durch die gegenwärtige sozialistische Vergangenheit …
Aus Ermangelung an zeiteffektiven Alternativen stand um 5 Uhr das bestellte Taxi vor der Haustür. Wir erkauften uns damit eine dreiviertel Stunde längeres Schlafen, die es auf jeden Fall wert war. Der Fahrer brachte uns in nicht einmal 15 Minuten zum Flughafen Dresden, der zum ersten Mal als Ausgangspunkt einer unserer Reisen diente.
Es ging zunächst mit einem kurzen Hopp nach Frankfurt / Main, am Condor-Schalter war die zwingend notwendige Touristenkarte für Kuba schnell erstanden und nach ein wenig warten bestiegen wir dann für knappe 12 Stunden den A340 nach Panama City, unsere Premiere eines Flugziels jenseits des großen Teiches Atlantik. In Panama wechselten wir dann für weitere 2 Stunden in eine etwas kleinere Maschine, die uns nach insgesamt etwa 15 reinen Flugstunden sicher in Havanna ablieferte.
Nach scheinbar üblichen eineinhalb Stunden Warten am Gepäckband, welches im 10 Minutentakt durchschnittlich 3 Koffer ausspuckte, wechselten wir noch ein paar Euro in den konvertierbaren der beiden kubanischen Peso. Ein Fahrer der ersten und auch einzigen gebuchten Unterkunft auf Kuba wartete schon auf uns und chauffierte uns durch das nächtliche Havanna zu einem Hostel, von dem aus in nur wenigen Fußminuten das Ziel für die Nacht erreicht war. Die Hausherrin der privaten Unterkunft war extra wach geblieben, zeigte uns sichtlich müde das kleine Zimmer mit Bad und überließ uns dann die Schlüssel. Nach einer schnellen Dusche fielen wir beide geschafft, aber nach vorne blickend und gespannt ins Bett.
Ein Tag im Museum
Nach dem Aufstehen sortierten wir uns etwas und schnupperten ein kleines bisschen Havannaluft, danach ging es auch gleich an das größte Fragezeichen der Reisevorbereitungen, dem Mietauto. Eine Handvoll an ausschliesslich staatlichen Autovermietungen standen vorweg zur Auswahl. Da sich die Kommunikation mit allen derer deutschen Reiseveransstaltungspartner mehr als schleppend gestaltete, kontaktierten wir die Vermietungen direkt. Auf eine Angebotsanfrage erhielt man dann allerdings auch schon umgehend eine Angebotsbestätigung und nicht erst das eigentlich angeforderte Angebot. Wie auch immer, eine Reservierungsbestätigung mit Ort, Zeit, Fahrzeugklasse und Preis war vorhanden, also machten wir uns auf den Weg zur vereinbarten Zweigstelle.
Pünktlich 9:30 Uhr dort angekommen, forderte man uns sowie weitere angehende Mieter freundlich auf, zu einem anderen Büro der Vermeitung zu gehen, da dieses hier nicht mehr geöffnet sei. Der Beschreibung nach sollte sich der Weg in Grenzen halten und so sattelten wir unser Gepäck wieder auf und machten uns erneut auf den Weg. Das „Museo de la Revolucion“ war nun unser Ziel, denn dort sollte die andere Vermietstation sein. Das Büro im Museum war schnell gefunden, Doreen bezog mit unserem Hab und Gut auf den großen Stufen vor dem monumentalen Gebäude Stellung und ich begab mich mit allen Unterlagen hinein und reihte mich in die fiktive Schlange ein.
Um es kurz zu fassen: Ich habe viele nette Kurzbekanntschaften mit weiteren Wartenden geschlossen, darunter Franzosen, Franzosen, Franzosen und auch Deutsche. Einige von Ihnen kamen nach mir, gingen aber immerhin schon vor mir wieder verichteter Dinge. Auch Doreen beobachtete neben ihrer Lektüre Menschen vom Anstehen an der Museumskasse bishin zum Verlassen des Gebäudes. Als wir aber nach 6 Stunden nun endlich mit Schlüssel und Mietvertrag ein Au.. ähm Geely besteigen konnten, war uns das alles egal gewesen.
Mal abgesehen von der nach Topfklopfen klingenden Aufhängung gab es generell keinen Grund zur Beschwerde. Die Klimaanlage funktionierte einwandfrei, der Lizenz-Toyota-Motor bewegte die chinesische Karosse umher und Bremsen ist etwas für Leute, die nicht gerade einen Tag im Museum verbringen mussten.
Raus, nix wie raus
Da wir später noch genug Zeit für Havanna vorgesehen hatten und der Tag heute schon viel zu weit vorangeschritten war, hieß der Plan nun „nichts wie raus aus der Stadt“, welcher auch mehr oder weniger problemlos in die Tat umgesetzt werden konnte. Schnell war zu merken, dass die Kubaner ihre Art von A nach B zu kommen ganz eindeutig an einem eher westlichen Vermächtnis orientierten. Wie auch Dr. Emett L. Brown folgten sie der Devise … „Straßen? Wo wir hinfahren, brauchen wir keine Straßen!“.
Spaß bei Seite! Nur diejenigen unter Euch, die das Straßennetz der DDR noch erleben durften, können sich wahrscheinlich ansatzweise vorstellen, was in Kuba noch ganz locker als Straße und nicht mehr als Minenversuchsareal der Roten Armee durchgeht. Verstärkt wurde das ganze noch durch die hierzulande in jedweder Tauglichkeitsprüfung versagende Radaufhängung vorne links, die zugegeben auch kleinere Unebenheiten durch ein deutliches Klopfgeräusch signalisierte. Frei nach dem örtlichen Motto „was noch nicht abfiel, ist sicher noch fest“ versuchte man die gröbsten Löcher unter der Inkaufnahme Kleinerer zu umfahren, baute hierbei schnell eine gewisse Routine auf und kam so durchaus voran.
Das Momentum vom Flug gestern im Rücken, ging es zunächst weiter nach Westen. Neben vielen alten Industrieanlagen gab es unterwegs nur wenig zu sehen. Den Ort Vinales als eigentliches Ziel vertagten Doreen und ich allerdings auf morgen. Stattdessen ließen wir es ruhig angehen und entschlossen uns im kleinen Soroa zu übernachten. Wir waren gespannt, wie schnell ein Zimmer gefunden ist, denn schließlich hatten wir auch für die ganze nächste Woche noch keine Unterkunft gebucht.
In Kuba sollte es ein recht dichtes Netz an privaten Unterkünften geben, die sogenannten Casa Particulares. Leute, die im Rahmen dieses Systems eine Schlafmöglichkeit zur Verfügung stellen, beschildern ihr Haus mit einem bestimmten Zeichen, dort fragt man einfach und hofft auf ein freies Zimmer.
Hier im Dorf hatte im Prinzip jedes Haus diese Symbol und schon beim zweiten Anlauf hatten wir ein Bett für die Nacht. Das Zimmer bot, genau wie das letzte Nacht, ein eigenes kleines Bad mit Dusche und WC. Inklusive optionalem Frühstück kostete uns das Ganze umgerechnet etwa 30EUR.
In einem der recht zahlreichen kleinen Restaurants gab es zum Abendessen das Nationalgericht, Reis mit schwarzen Bohnen. Als Fleischbeilage diente fritiertes Hünchen mit Gemüse. Bis auf die Bohnen war es ganz lecker.
So endete ein letztendlich doch recht erfolgreicher Museumstag, denn nun sind wir für 8 Tage mobil. Was will man mehr?
kubanisches Frühstück?
Da der gestrige Tag, außer die ein oder andere kleine Erfahrung, nicht viel hergab, hofften wir den heutigen deutlich mehr zu entlocken. Um seinen zeitlichen Grenzen ein Schnippchen zu schlagen, vereinbarten wir das Frühstück am Vorabend für 8 Uhr morgens. Gegen 8:30 Uhr begann die wirklich nette Gastgeberin den Tisch zu decken. Sie sprach im Übrigen kein Wort Englisch, was in Kombination mit unseren ähnlich ausgeprägten Spanischkenntnissen eine wirklich theatertauglische Vorstellung ergab.
Da das hier unser erstes Frühstück in Kuba sein würde, waren wir gespannt, wie ein solches hier aussehen würde. Wir waren wirklich positiv überrascht. Auf dem Tisch fanden sich nach und nach getoastete Schinkenwurstsemmeln, Banane von der Palme neben dem Haus, Weißbrot, Honig, Butter, Milch, Kaffee und frischgemöllerter Fruchtsaft, welcher sich später als Guavensaft herausstellte, ein. Nach dem Abendbrot als einzige Mahlzeit gestern, ein wirklich guter Start in den neuen Tag.
Im Anschluss ging es auch gleich los, zurück zur Autopista. Der Name war im Übrigen sehr treffend, denn obwohl teilweise sechsspurig ausgebaut, war der Begriff Piste deutlich treffender, als es Straße gewesen wäre. Wenn auch die Schlaglochdichte deutlich geringer war, als bei den Landstr.. ähm -wegen, traf man die Krater mit um die 100 km/h, was sich ähnlich unangenehm anfühlte. Generell schien sich aber niemand dafür zu interessieren, auf welcher der Spuren man fuhr. Links oder rechts, egal, wichtig war nur, dass man den Löchern auswich und dabei die auf der eigenen Seite entgegenkommenden Radfahrer und Kutschen nicht übersah.
Der Ort Vinales war unser Ziel und an der zunehmenden Reisebusdichte merkte man schnell, dass man sich einem beliebten Touristenort näherte. Vinales liegt in einem wirklich sehenswerten Tal zwischen markanten Steinformationen. Vor vielen vielen Jahrtausenden stürzte die Decke eines ausgeprägten Höhlensystems unter der hier damals vorhandenen Ebene ein, die Wände blieben und bilden nun die Hügellandschaft. Eine handvoll Aussichtspunkte boten einen wirklich schönen Blick über die Gegend.
Vinales
Mittlerweile im Ort selbst angekommen, wollten wir zunächst gleich eine Unterkunft für die Nacht Ausschau halten. Das Auto geparkt ging es zu Fuß durch den sehr farbenfrohen kleinen Ort, der ganz schnell den absolut typischen kubanischen Charme versprühte. Es schien gerade eine Art Stadtfest veranstaltet zu werden, so dass auf den Straßen die Einheimischen sogar in der Mehrzahl zu sein schienen. Wir nahmen den Besuch der Festivitäten in unseren Tages- bzw. Abendplan mit auf und hielten beim gemütlichen Spazieren Ausschau nach den Zeichen für private Unterkünfte. Nach den ersten Metern allerdings zeigte sich schon, dass hier jedes Haus ein solches Schild trug und so waren wir guter Dinge. Auf der Veranda eines der durchaus gepflegten Häuser saß ein älterer Kautz im Schaukelstuhl. Doreen sprach ihn gleich an. Zu unserem Glück beherrschte er die notwendigen Phrasen in Englisch und führte uns zu einem 5 Minuten entfernten Haus in einer kleinen Nebenstraße, wo bereits eine Dame auf uns wartete und ein freies Zimmer präsentierte. Alles war in Ordnung, also sagten wir zu. Völlig unkompliziert das Ganze.
Cayo Jutias
Schon zuvor war mir ein parkender Kleinbus aufgefallen, der nur wenige Meter hinter dem Haus unserer Vermieterin parkte und mir irgendwie bekannt vorkam. Nach der Zimmerbesichtigung wieder aus dem Haus kommend, standen nun auch die Nutzer des gemieteten Vans dort, 4 der netten Franzosen, die gestern Teil unserer Museumsodyssee waren. Bei einem kurzen Plausch, verrieten sie uns ihren Plan für den Nachmittag. Ihr Gastgeber hätte ihnen einen Tipp für einen wirklich schönen und von Touristen wenig frequentierten Strand gegeben, zu dem sie nun fahren wollten. Ich ließ ihn mir den Standort auf der Karte zeigen. Ein Strand war da nicht eingezeichnet, aber was solls.
Nach kurzer Beratung mit Doreen entschieden wir uns, es auch zu probieren. Nach dem das Auto geholt und das Gepäck in Zimmer gebracht war, machten auch wir uns auf die knappen 50 km zum sogenannten Playa de Jutias, welcher auf der gleichnamigen, kleinen Halbinsel Cayo Jutias gelegen sein soll.
Zur Fahrt an sich schweige ich lieber, aber nach etwas über einer Stunde und geschätzt 10000 Klopfgeräuschen vorne links befuhren Doreen und ich die letzten Meter einer Dammstraße. Nur wenig später dann öffneten sich die ersten Blicke auf Wasser und Strand. Zuerst passierte man eine kleine Bucht, an deren Ende ein schicker Leuchtturm thronte. Nach einem kurzen Stop aber wollten wir zuerst noch den eigentlichen Strand finden und fuhren die Palmenallee in der Gewissheit weiter, hier spätestens auf dem Rückweg noch eine Runde zu gehen. Es dauerte nicht lang und das Ende der Straße und somit auch unser Ziel waren erreicht. Ein recht voller kleiner Parkplatz war Anlass genug, um ein Stück weiter vorn zu parken, da es dort wesentlich ruhiger zu sein schien. Gesagt getan und ab ins Wasser.
Es bleibt nicht viel zu sagen, die Ecke hier ist schlicht und einfach ganz schön gut ..!
Mojito, Mojito und Cuba Libre
Sicher leicht nachzuvollziehen, dass man da schnell die Zeit vergißt, aber es ist wohl auch zu verstehen, dass wir hier nicht unbedingt im Dunkeln durch die Gegend fahren wollen, weshalb es irgendwann zurück nach Vinales gehen musste. Etwa 19 Uhr geht hier die Sonne unter und es war schon nach 18 Uhr. Pünktlich zum Abendessen waren wir wieder in unserer Casa. Der Einfachheit halber hatten wir uns dazu entschlossen, Dinner zur Übernachtung dazuzubuchen und es sollte, Hühnchen mit Reis und den heute viel besser gewürtzen schwarzen Bohnen geben.
Beim Warten auf das Essen wurden wir nach Getränkewünschen gefragt … ENDLICH. „Dos MOJITOOOOOS por favor!“ lautete unsere Antwort und nur wenig später standen die ersten beiden Gläser des Nationalgetränks auf dem Tisch zwischen den beiden Schaukelstühlen, in denen wir entspannt lümmelten.
Nach dem Essen und einer kleinen Verdauungspause wartete noch das Stadtfest auf uns. Auf der Haupstraße und dem Kirchplatz wurde ordentlich aufgefahren, kleine Karussels und jede Menge Fressbuden sowie Saufbuden, dazwischen sowas wie Flohmarkt, wo allerlei Chinakram an den Mann oder Frau gebracht werden sollte.
Die Stimmung war richtig gut, vor allem an der großen Bühne, auf der den ganzen Abend eine sehenswerte Sängerin mit Band unserem Ermessen nach typisch kubanische Musik und eine Mischung aus Buena Vista Social Club und Pop spielte. Die Menge tanzte Salsa und auch die ältesten Besucher bewegten sich oder die noch zu bewegenden Extremitäten im Takt.
Wir gönnten uns weitere Mojitos, die hier im Schnitt etwa 1,80 EUR kosteten. Wer nun denkt, die seien entsprechend schwach gewesen ist STARK gefehlt, denn außer Eis, gelöstem Rohrzucker und Minze war auschließlich Rum drin. Schon nach dem zweiten meinte Doreen, heute würde keiner mehr gehen … soweit ich das noch richtig verstehen konnte. Auf dem Rückweg zur Unterkunft hielten wir dennoch an einer gut besuchten Straßenbar. Während Doreen sich mit einem Hund die Füße wärmte unterhielt ich mich in der Getränkeschlange ausgelassen mit anderen Touristen, die hier an der Bar die Masse bildeten. Dennoch war der Mojito hier genauso gut, Doreen ließ sich einen ähnlich wohlwollenden Cuba Libre mitbringen.
Ein total fröhliches Ende für einen schönen ersten richtigen Reisetag in Kuba.
Tal des Tabaks
Ob es an den Getränken lag, oder auch nicht, wir hatten eine erholsame Nacht und nach dem erneut sehr guten Frühstück waren wir bereit für Neues.
Da das Vallee de Vinales nicht nur sehenswert wegen der steinernen Hügel, sondern vor allem auch bekannt für seinen Tabak ist, wollten wir auf jeden Fall eine Runde gehen und versuchen, uns anzusehen, wo der Rohstoff für so eine kubanische Zigarre denn herkommt.
Ein paar Kilometer bis zum Beginn des eigentlichen Tals fuhren wir noch mit dem Auto, stellten es dann aber ab und liefen los. Es soll hier erwähnt sein, dass zahlreich vor allem Reittouren durch das Tal angeboten werden, allerdings sind wir dann doch eher Freunde vom Gehen und Stehen wann und wo wir das möchten und so haben wir uns auf eigene Faust auf den Weg gemacht. „Der Frühe Gockel weckt die Leute“, entsprechend waren Doreen und ich noch weitestgehend die einzigen Touristen auf den Wegen und Pfaden. Nichtsdestotrotz brannte die Sonne immens und brachte uns ganz schön ins Schwitzen.
Zunächst genossen wir den Ausblick von einer kleinen Anhöhe, auf der wir auch zum ersten mal sahen, wie eine Ananas wächst. Ich muss gestehen, dass ich mir statt eines eher kleinen, stacheligen und agavenähnliches Gewächses eher einen Baum, wie z.B. bei der Banane, vorgestellt hatte. Naja, hauptsache es schmeckt!
Vor dem schönen Panorama der Hügelketten erstreckten sich größere und kleinere Tabakfelder, einige bereits bewirtschaftet, andere eher verwildert. Mehr als klischeehaft pflügte ein Zigarre rauchender Kubaner auf seinem von zwei Ochsen gezogenen, hölzernen Gerät langsam aber stetig seinen Acker. Bei dieser Szene dachte man dann sofort an seine Gemahlin, die den ganzen Tag in der kleinen bescheidenen Behausung nichts anderes zu tun hat, als eine fuß gerollte Zigarre nach der anderen zu fertigen. Der Begriff Handarbeit wäre da nicht wirklich angebracht oder?
Nicht mehr weit vom Auto nutzten wir dann noch die Gelegenheit, unsere Nasen in einen der fast neben jedem Feld stehenden Schuppen zu stecken. Hier werden die geernteten Tabakblätter zum Trocknen aufgehängt. Von aromatischem Duft aber fehlte jede Spur, es roch eher alt und muffig. Vielleicht haben wir aber auch einfach keine Ahnung!?
Ostwärts
Da für uns hier im Westen zu diesem Zeitpunkt erstmal nichts mehr auf dem Zettel stand, machten wir uns nach der Wanderung so langsam in Richtung Ost auf. Wohin bzw. wie weit genau, wußten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, denn allzu große Entfernungen zu planen ist wenig sinnvoll, da man nie weiß, welche Straßen man vorfindet und wie gut man darauf vorankommt.
Das erste Stück allerdings kannten wir zumindest auf der einen Seite des Mittelstreifens schon, denn es ging zunächst wieder auf die Autopista.
Schneller als gedacht erreichten wir die Außenbezirke von Havanna und damit auch das Ende der westlichen Autobahn. Klingt erstmal wenig spektakulär, wenn ich allerdings sage „Ende der Autobahn“, dann meine ich das im sackgassenartigen Sinn. Eine scheinbar x beliebige Abfahrt wurde noch nichtsahnend passiert, an der entsprechenden Unterführung waren sogar noch Schilder, die geradeaus nach Havanna verwiesen, als plötzlich keine 100 m später der Asphalt in eine Wiese mündete. Mehrere verwahrloste Busse waren auf der Gegenspur geparkt, auf dem Mittelstreifen saßen zwei nicht-viel-tuende, auch Kubaner genannt, die uns mit dem selben verdutzten Blick anschauten, wie wir sie. Von etwa Tempo 80 km/h auf 0 dauerte es nur etwa 5 Schlaglöcher, dann um die parkenden Busse herum und schon war man wieder in die entgegensetzte Richtung unterwegs. Puh, das war schon irgendwie ein Schock!
Da unsere Straßenkarte dieses Gebiet nicht besonders gut auflöste, schließlich wollten wir es ja auf der verzeichneten Autobahn durchfahren, ging es erstmal der Nase nach und sie da, ruck zuck fanden wir uns auf dem östlichen Ring der Hauptstadt wieder, dem wir, wie geplant, ein Stück folgten, um dann auf die Küstenschnellstraße in Richtung Matanzas abzubiegen.
Der etwa 80 km lange Küstenabschnitt zwischen den beiden Städten sollte laut Reiseführer ein paar schöne Strände, die sogenannten Playas del Este, welche vor allen den Havannern als Hausstrände dienen, bereithalten. Da diese von der überraschend guten Straße nicht gut zu beurteilen waren, folgten einige Abstecher zur Wasserkannte. Dabei taten sich erneut wirklich interessante Relikte aus der Zeit unter der sowjetischen Oberhand auf. Kaum abgebogen eröffnete sich der Blick auf weite Rasenflächen, durchzogen mit einem Geflecht aus scheinbar nutzlosen Staßen, wie man es nur aus der Landerschließung für Eigenheimsiedlungen kennt. Kurz vor den Dünen waren riesige alte Hotelanlagen zu erkennen, die z.B. an das ein oder andere FDGB Heim an der Ostsee erinnerten. Auch bekam man schnell das Gefühl, sie hätten auch die Fenster aus Beton gießen wollen.
Gut, mag ja alles so sein, denn damals wurde nunmal so gebaut. Es muss ja nicht heißen, dass auch der Strand einer Zementrampe gleicht, was wir natürlich prüften. Der Geely übernahm nun wieder in seiner Paradedisziplin, nämlich Parken, und wir stampften durch den Sand bis zum Wasser. Auf den ersten Blick sah das doch recht gemütlich aus, guter Sand, türkises Wasser. Auch auf den zweiten Blick war alles in Ordnung, einzig der Müll befleckte das Bild etwas. Da nicht so recht in Badelaune, machten wir einen kurzen Spaziergang, fuhren dann aber weiter, da im Reiseführer für später von noch besseren, etwas weniger frequentierten Buchten die Rede war.
Vorweg, diese ominösen besseren Badegelegenheiten entpuppten sich als Fehlalarm. Vorgefunden haben wir jedoch noch eine ganze Reihe weiterer Überbleibsel aus den angesprochenen Zeiten. Hin und wieder waren in Richtung Meer Einfahrthäuschen, wie man sie aus Filmen der 60er und 70er Jahre als Tore zu gehobeneren Wohnvierteln kennt, zu entdecken. Später mündete ein weiterer Versuch, schöne Strände ausfindig zu machen, in einer Rundfahrt durch eine riesige, aber völlig verlassene und somit heruntergekommene Ferienbungalowanlage. Totenstille, Fensterläden klappten im Wind auf und zu, die Äste von urzeitlich anmutenden Bäumen wuchsen durch die kleinen Häuschen, Katzen huschten von links nach rechts. Es war wirlich unheimlich und erinnerte sofort an Szenen aus diversen Teenyhorrorschockern, in denen die verstrahlte Belegschaft eines zerstörten Atomkraftwerks einer Horder nichtsahnender Jugendlicher auf Mushrooms an die Wäsche will.
Matanzas
Im Laufe des Tages hat sich die Stadt Matanzas als heutiges Endziel herauskristallisiert. Nach den mehr oder weniger erfolgreichen Ausflügen ans Meer erreichten wir die industriell geprägte Stadt am späteren Nachmittag. Der heute bisher so nützliche Reiseführer bekam für die Suche nach einer Unterkunft eine letzte Chance sich zu rehabilitieren und nutzte diese. Er lobte zwei zentrumsnahe Hostals, die wir beide direkt ansteuerten und siehe da, das Zweite, tatsächlich hübsche Etablissement hatte ein großes Zimmer für uns frei. Wir luden die Sachen aus dem Wagen und machten uns frisch, danach wartete ein Stadtbummel auf uns.
Im Foyer des Hostals fiel uns eine kleine Kanadierin auf, genauer gesagt ihre Schenkel. Allerdings nicht etwa wegen deren Form, stach doch vor allem ihr strahlendes Sonnenbrandrot ins Auge. Bei einem kurzen und lustigen Plausch erfuhren wir, dass sie ein Teil des Landes mit dem Fahrrad bereist und einfach vergessen hat, sich heute morgen einzucremen. Sie musste selber herzlich drüber lachen, wenn auch mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht.
Matanzas selbst mag vielleicht keine schicke Stadt sein, aber irgendwie war die allgemeine Stimmung unter den Leuten hier recht gut. Das steckte an und sorgte für einen gut gelaunten Stadtrundgang. Unweit vom Wasser führten alte Eisenbahngleise vorbei an zerfallenen Gebäuden über alte Stahlbrücken, die von Kindern als Sprungturmersatz am überschaubaren Hafenbecken genutzt wurden. Doreen und ich liefen gerade entlang der Gleise und ich wollte in dem Moment sagen, dass hier sicher keine Bahn mehr fährt, als nur ein kleines Stück hinter uns eine Diesellock mit drei angekoppelten Waggons an einem Bahnübergang hupte. Kaum schneller als Schritttempo fuhr sie unter grinsendem Winken eines der Lokführer an uns vorbei.
Generell fand man hier die typisch kubanischen Ecken, einige davon sahen sogar aus, wie gemalt. 😉 Ich machte gerade ein Foto eines Straßenzugs, als mich einer der hier wohnenden ansprach und fragte, ob er denn mal posen sollte. Ich meinte klar, wenn er möchte. Kurz darauf machte Doreen noch ein Bild von uns beiden, worauf er beschloss, dass wir nun Freunde sind und darauf trinken sollten. Er bot mir ein Bier an, dass ich dankend ablehnte, da Gebrautes nicht so meins sei. Daraufhin hielt er mir sein mittlerweile leeres Glas hin, verschwand kurz im Haus und kam mit einer Flasche Havana Club wieder. Er füllte das Glas zur Hälfte, danach kam einer seiner Freunde aus dem Haus und kippte noch einen winzigen Schluck Cola drauf, für die Farbe sozusagen. Wir stießen an und ich muss sagen, so auf nüchternen Magen … puh! Nach dem Getränk legte der lustige Geselle unter dem getrommel des Kumpels noch eine flinke Salsasohle auf die Fliesen seines Wohnzimmers. Anschließend bedankten wir uns alle und wünschten uns ein schönes Leben.
Langsam machte sich Hunger breit. Nur unweit vom Hostal sind wir schon zuvor an einem kleinen Nudelladen vorbeigelaufen, den wir nun einfach wieder heranzogen. Die drei Tische des Lokals wurden von einer wirklich niedlichen und äußerst netten jungen Dame bedient und auch das Essen schmeckte ganz gut. Im Anschluss ließen wir uns auch heute den abschließenden Mojito nicht nehmen und nahmen dazu vor einem der größeren Bars Platz. Wie ließen einen Tag Revue passieren, der viel Interessantes bereit hielt. Nicht alles davon schön, einiges aber zumindest selten.