Weit mussten wir heute morgen nicht fahren, der Wecker blieb heute also stumm und wir schliefen aus. Nach dem Frühstück folgten wir der sich um Seen und Felsen windenden Straße bis zum Kjerag Cafe, Ausgangspunkt der Wanderung zum Kjerag und dem Kjeragbolten.
Unterwegs traf man jede Menge kleine Steintürmchen, die im Prinzip überall auf der Welt ein Indiz dafür sind, dass man am jeweiligen Ort nicht der erste Tourist ist. Solange aber in dem Moment am jeweiligen Ort nur wenige oder am besten gar keinen Menschen sind, ist alles gut.
Zwar war es gerade nicht ganz so sonnig, wie der Tag gestern zu Ende ging, aber soweit war es trocken und an einigen Stellen blitzte immer noch etwas Himmel durch. Wir waren also guter Dinge, dass das so bleibt und bereiteten uns auf die knappen 5 Stunden Hiking (Neudeutsch für „Wandern“) vor.
Zum Kjerag
Mit Proviant und guten Schuhen gingen wir los und es begann recht anspruchsvoll. Über große, vom Eis großflächig glattgeschliffene Felsen halfen Ketten und schnell waren die ersten Höhenmeter bis auf die erste Anhöhe geschafft. Schon von hier hatte man einen guten Ausblick. Anschließend gestaltete sich der Weg zunächst etwas einfacher. Es ging erst einmal ein Stück hinab in ein weiteres Tal, dann auf eine zweite Anhöhe, danach wieder ein paar Meter hinunter. Der letzte Anstieg hielt wieder Ketten bereit, die teilweise aber eher behinderten. Nach einer Weile flachte es dann endlich etwas ab und wir fanden uns auf einer recht weiten felsigen Ebene wieder und konnten nun, gekennzeichnet durch die vielen bunt gekleideten Wanderer, auch etwas mehr des weiteren Weges sehen. Nach nun etwa zweieinhalb Stunden erreichten wir einen Wegweiser der in Richtung unseres Ziels und nur noch 300m zeigte. So gut wie da also. Als wir um die letzte Ecke bogen, war der Kjeragbolten auch schon zu erkennen. So, wie man ihn von Bildern kennt, aber in Summe doch irgendwie anders, als erwartet.
Beim Kjeragbolton handelt es sich um einen Fels, der zwischen zwei Felswänden klemmt und mit dem Blick auf den Lysefjord ein beliebtes Fotomotiv ist. Man kann ihn recht problemlos begehen, wenn man sich hinten anstellt und etwas Zeit mitnimmt. Wir hatten natürlich genügend Zeit mitgebracht und so reihte ich mich zuerst am Ende der Schlange ein, während Doreen am ebenfalls stark frequentierten Standpunkt für die beste Perspektive wartete. Später tauschten wir die Rollen.
Anschließend war Zeit für eine ausführliche Verpflegungspause und das Panorama, für das man nicht schlangestehen musste. Es war schon sehr beeindruckend, wie an solchen Stellen die Dimensionen verzerrt werden und man gar nicht wirklich erfassen kann, dass man gerade von einem Berg knapp 1000m fast senkrecht auf das Meer bzw. den Fjord hinabschaut. Irgendwie unwirklich …
Auf dem Rückweg vom Kjeragbolten folgten wir wieder den roten „T“s, die hier alle Wanderwege kennzeichnen und liefen gemütlich in Richtung Auto. Etwa 16:00 Uhr waren wir auf dem letzen Abstieg zum Parkplatz, als wir einen Asiaten, Reiseführer einer kleineren Gruppe im Aufstieg, einen anderen Touristen fragen hörten, wie weit es noch sei und ob es ein schwerer Weg sei. Etwas verstört schauten wir uns an und konnten eigentlich nur mit dem Kopf schütteln. Der recht fit wirkende Gefragte, ein Osteuropäer glauben wir, meinte zum Asiaten, man käme gut voran und würde von hier noch etwa eine Stunde brauchen. Generell seeeeehr optimistisch, aber er hat sich wahrscheinlich auch die Leute hinter dem Reiseführer nicht angesehen, die mit normalen Straßenschuhen und Regenschirm bewaffnet, eher für die Shoppingstraße als für eine alpine Wanderung vorbereitet waren. Wir hätten wirklich gern gewusst, wann sie umgekehrt sind ..!
Wie auch immer, es war ein wirklich schöner Ausflug zum Auftakt und auch das Wetter hat ganz gut mitgespielt.
Da mit dem sogenannten Preikestolen noch eine weitere norwegische Haupttouristenattraktion am Lysefjord liegt, fuhren wir am späteren Nachmittag noch ein paar Kilometer in dessen Richtung und fanden dank eines vieler vieler nützlichen Tipps eines guten Freundes schnell eine recht gemütliche Stelle zum Übernachten. Der kleine Parkplatz lag direkt am Fluss und ein Plumpsklo in Form einer kleinen Hütte stand ebenfalls zur Verfügung. Die leeren Mägen füllten wir wieder mit leckeren Nudeln aus dem Topf und die Köpfe mit einer wohlverdienten Rum-Cola. Prost!