Die frühen Vögel
Bereits gestern hatten wir uns nach der schönen Wanderung auch über das Wetter der nächsten Tage informiert und feststellen müssen, dass hier in der Gegen nur noch heute mit Sonne zu rechnen sei. Da wir mindestens noch eine konkreten Marsch auf unseren imaginären Liste stehen hatten, entschlossen wir uns, diese heute gleich anzuschließen. Das allerdings bedeutete auch, dass zuvor noch einige Kilometer zu bewältigen bewaren.
Nach einer sehr kühlen Nacht holte uns erneut der Wecker aus dem Schlaf, dieses mal schon kurz nach 5 Uhr. Das Aufstehen war dabei keine ganz so große Qual, da die Standheizung zu diesem Zeitpunkt bereits eine Viertelstunde lang die Temperatur im Auto auf ein akzeptables Niveau gehoben hatte. Bei -4°C Außentemperatur fuhren wir los. Die Straßen waren so gut wie leer und somit war auch keiner da, der uns beim Bestaunen der morgentlichen eisigen Stimmung störte. Raureif bedeckte die Wiesen und die Seen atmeten in der aufgehenden Sonne. Es war magisch!
Immer am Rand entlang
Wir hatten ein Boot zu bekommen, weshalb es auch darum ging, pünktlich am Anleger zu sein. Dank des übersichtlichen Verkehrs so früh am Tag erreichten wir den Start- und Zielpunkt der umgangssprachlich Besseggen genannten Wanderung mit genug Puffer fürs Frühstücken und Vorbereiten. Als sich dann etwa 15 Minuten die ersten Leute am Boot einfanden, begaben wir uns auch in die immer länger werdende Schlange. Hier merkten wir schon, dass wir nicht allein unterwegs sein werden.
Die Bootsfahrt dauerte etwa 25 Minuten und brachte uns etwa bis zur Hälfte des länglichen gletscherfarbenen Sees, welcher sich fjordähnlich zwischen Bergzügen erstreckte. Nach dem alle, etwa 40 Personen, am Ziel von Bord gegangen und noch einmal Artig zur Toilette gegangen waren, begab sich die Karavane zum Aufstieg.
Die Wanderung entlang des Besseggen-Grat wird von etwa 30000 Menschen im Jahr begangen. Die meisten davon seien Norweger selbst, weshalb der Besseggen ab und zu auch als die Nationalwanderung bezeichnet wird. Die ersten Meter des Aufstiegs schienen dies auch zu bestätigen, denn hier waren die Norweger wohl wirklich in der Überzahl. Was zunächst nach Gänsemarsch aussah, zog sich im bald steiler werdenden Terrain schnell auseinander, sodass der Gruppenausflugscharakter zum Glück verflog. Zumindest hin und wieder die einzigen auf 60 bis 70m Strecke zu sein war schon deutlich angenehmer als Kolonne zu laufen.
Das Wetter war, wie angekündigt, hervorragend und setzte die tolle Gegend perfekt in Szene. Die unterschiedliche farbenen Seen zwischen den grünlich-felsigen Bergen, dazu der blaue Himmel. Was wir während unserer ersten beiden Wochen hier in Norwegen oft schmerzlich vermissten, stand heute im Überfluss zur Verfügung.
Der Weg an sich war auch recht angenehm. Einmal auf Höhe ging es erstmal nur überschaubar hoch und runter. So konnte man den Blick genießen, ohne sich zuuu sehr auf sich und den Weg konzentrieren zu müssen. Das allerdings änderte sich zumindest zeitweise dramatisch an einer doch recht steilen Bergaufpassage. Entlang eines sehr felsigen Abschnittes war Klettern mit Füßen und Händen gefragt, was Doreen in dem Moment gar nicht zusagte. Sie fühlte sich spührbar unwohl, schloss eine Umkehr aber kategorisch aus. Sie meisterte den Abschnitt ganz in Ruhe und besonnen, und freute sich danach erleichtert um so mehr, den höchsten Punkt der Wanderung erreicht zu haben.
Der laaaaaange Abstieg nach dem Gipfel zog sich ewig und mit den letzten Tagen in den Knochen, merkten wir beide dann doch noch, was wir gemacht hatten.
Seeidylle
Am Auto angekommen, berieten wir uns noch, wo in etwa wir heute nach einem Platz für die Nacht suchen wollen. Im Zuge dessen berieten wir uns mit unseren virtuellen Reiseberatern, die uns auch heute wieder eine Richtung vorschlugen, die am Ende eine lohnende sein würde.
So gehörte ein einsamer Wiesenplatz am See, unweit der Berge und mit märchenhaftem Sonnenuntergang allein uns. Ein perfektes Ende für einen perfekten, aber seeehr langen Tag!