AI-Zombies
6. April 2016 von TiDo

Dawn of the Dead

Gaaanz früh klingelte der Wecker, der Sonnenaufgang am Strand wartete. Naja, Doreen blieb einfach liegen, aber einer muss ja.
Wer nun aber glaubt, dass man als einer von sicher sehr wenigen um halb sieben Uhr morgens in Richtung Meer stapft, der liegt aber sowas von weit daneben. Stellte man sich nun vor, am Strand gäbe es frisches Fleisch, kam ich mir ein wenig vor wie in The Walking Dead, als ich auf den Hauptweg der Ferienanlage einbog. Unbeirrbar schlatzten dicke, mit Handtüchern behangene Halbschlafzombies schnaufend in Richtung des einen jeweiligen Wunschschirmchens. Die darunter stehenden Liegen entsprechend mit Handtüchern okkupiert, machten die Untoten kehrt und verschwanden wieder in der Dunkelheit.
Ich schwamm zunächst mit, suchte mir ein Plätzchen im Sand, welches noch keiner für sich beansprucht hatte, und sammelte Momente … keine Dinge.

Einen Tag lang abhängen

Nach dem Frühstück suchten Doreen und ich wieder zwei Liegen weit genug weg, um von den Zombies nicht erreicht zu werden. Dort ließen wir uns erstmal entspannt bis zum Mittag nieder, schliefen ein wenig, beobachteten die eine oder andere skurile Szene. Neben halbnackt, nackt, faltig, echt bebaucht und unecht betittet gab es natürlich auch jedwede denkbare Kombination aus diesen Eigenschaften.

Die jedes Format füllenden Nord-Nordamerikaner tauchten allmorgendlich irgendwann aus den Untiefen des Fritierfettfrühstücks von Würstchen, Speck und Frenchtoast auf, konsequent bewaffnet mit einem Metallbehälter in Form einer übergroßen Handgranate. Dabei handelte es sich um Thermobehälter für Kaltgetränke. Mit diesem steuerten sie zunächst schnurstracks eine der Bars der Ferienanlage an und ließen sich teilweise bis zu 2 Liter Gerstensaft in ihre Biergranaten füllen, bevor es nun auf die zum Glück nur wenigen Meter zum Strand oder Poolrand ging. Ohne große Umwege begaben sich die kanadischen Navy-Seals nun ins Wasser, gerade weit genug, dass die über Jahre antrainierte Bierwampe aufschwamm und sie sich nun wie ein Mitglied des Bolschoi Balletts fühlten. Wahrscheinlich aufgrund der eigenmassebedingten Gravitationen bildeten sich immer kleinere Gruppen, die, je nach Größe der Biervorräte, bis zu mehrere Stunden, in den Wellen leicht auf und ab wippend, wie Planeten um ein gemeinsames Zentrum kreisten. War die Munition verbraucht, wurde meist einer aus der Runde mit allen Granaten beladen und an die Thekenfront geschickt. Nach seiner Rückkehr wurde das Wippen und Kreisen nahtlos fortgesetzt. Zu guter Letzt sei noch angemerkt, dass dieses Treiben durch genau einen von zwei Umständen unterbrochen wurde: Entweder das Mittags-, oder das Abendbuffet.

Nach dem Abschluss unserer Verhaltensstudien begaben wir uns vor dem Mittag noch einmal in unser Zimmer. Es war nun Zeit, unsere Sachen zu packen, denn heute Abend war die Abreise von Cayo Largo geplant und Checkout aus dem Zimmer war 12 Uhr. Alles wieder in den Rücksäcken verstaut, lagerten wir diese an der Rezeption ein, schließlich durften wir bis zum Transfer zum Flugplatz noch uneingeschränkt am All-Inclusive-Leben teilhaben. Das nutzten wir erstmal beim Mittagessen und danach im Zuge eines sehr gemütlichen Piña-Colada-Nachmittags in der Nähe des Pools.

Отправление … Abflug auf Russisch

Letzter Akt, wie sollte es auch anders sein, war der abschließende Besuch des Abendbuffets, wo wir uns noch einmal die Bäuche vollschlugen. Egal wie sehr man sich auch vornimmt, langsam und entspannt zu essen, nach etwa 25 Minuten sind in dieser Food-Rush-Hour drei Gänge abgearbeitet, ob man wollte oder nicht. Zumindest waren wir so äusserst pünktlich an der Rezeption und warteten auf das Shuttle zum Flugplatz. 20 Uhr stand dieses vor der Tür und nach einer kleinen letzten Runde auf Cayo Largo reihten wir uns etwa 20:30 Uhr in die einzige Check-In-Schlange im Terminal ein. Im Wartesaal ließen die Mitarbeiter bereits wortwörtlich die Rolläden herunter und so wurde es für die letztendlich 2h Aufenthalt recht ruhig, bis endlich die Motorengeräusche eines landenden Flugzeugs zu hören waren.
Die Vermutung, Doreen und ich würden die Insel auch im Hubschrauber verlassen, war also widerlegt, wobei auch das Flugzeug Doreens Hoffungen zunächst nicht so recht erfüllte. Wenig später wurden dann alle Passagiere zum Ausgang gerufen und über das Flugfeld geführt. Da stand sie also, die Antonov 26, kurz An-26, und blickte wahrscheinlich auf eine lange Einsatzzeit und viel Flugerfahrung zurück. Den einen Flug, würde sie nun auch noch schaffen ..!

Im Inneren ging es zumindest platztechnisch recht komfortabel zu, gewöhnungsbedürftig waren jedoch die nur wenigen Fenster der umgerüsteten Frachtmaschine, die ein etwas beklemmendes Gefühl vermittelten. Unsere Sitzreihe gehörte zum Glück zu denen mit Ausguck. Doreen nahm am Fenster Platz. Es dauerte nicht all zu lange bis es losging und die alte Russin in Richtung Startbahn rollte. Doreen schaute gespannt aus dem kleinen Bullauge direkt auf den hinteren Teil eines der beiden Triebwerke, als plötzlich aus dessen Abgasrohr eine 3 m lange Stichflamme schoß. Überrascht und etwas irritiert … naja, sagen wir lieber geschockt und panisch-verunsichert schaute sie mich an und fragte, ob das denn normal sei!? Ich meinte nur: „Ähm, ja klar!“.
Kurz darauf hoben wir ab und hatten ein wirklich ruhigen Flug ohne Zwischenfälle. Dieser dauerte diesmal etwa 40 Minuten, bis die alte Lady in Havanna-Baracoa aufsetzte. Vor dem Gebäude wartete schon der Bus zu den Hotels. Ein Mitarbeiter fragte nach den jeweiligen Unterkünften und so entstand die angepasste Route, die jeden bis vor die Tür seines Hotels oder Hostals brachte. Doreen und ich gehörten mit dem Hostal in Altstadt Havannas zu den Letzten und so dauerte es über eineinhalb Stunden, bis wir an unserem Hostal ankamen. Der äußerst nette Hausherr hatte auf dem Balkon Zigarre rauchend auf uns gewartet, nach dem überschaubaren Papierkram brachte er uns dann in das wirklich winzige, aber gemütliche Zimmer und wünschte eine gute Nacht.