Als wir am 22.10. gegen Mittag endlich Tim´s Rucksack engegen nehmen konnten, verließen wir auch sofort Auckland und machten uns auf in den Norden.
Kaum ließen wir die große Stadt hinter uns, lagen nur noch sanfte, grüne Hügel vor uns. Saftige Wiesen und üppige Wälder soweit das Auge reicht.
Was uns jedoch als erstes auffällt: Wir haben noch nie soviele Zäune gesehen wie hier. Links und rechts von der Straße… Nur Zäune. Verlässt man die Hauptstraße auf eine Nebenstraße, sofort Zäune. Man kann sich nirgendwo an die Seite stellen oder einfach mal vom eigentlichen Weg runterfahren. Wir fahren praktisch von Grundstück zu Grundstück. Man befindet sich zwar in keiner Stadt, trotzdem kommt immer ein Haus um welches sich ein riesiges Grundstück befindet, ein paar Kilometer weiter kommt das nächste Haus mit dem nächsten Grundstück. Schließlich kommt irgendwann das Dorf, zu welchen die Häuser gehören und wenn wir dieses wieder verlassen, fangen sofort wieder die eingezäunten riesigen Grundstücke an. Jedes Fleckchen wird hier genutzt… Entweder Weide für Schafe und Kühe oder für den Weinanbau. Es gibt kein Stück Land, was niemandem gehört.
Ja, wir merken, wir müssen uns umgewöhnen. Neuseeland ist viel kleiner und vor allem scheinbar überall bewohnt. Die unendlich scheinende Weite Australien´s fehlt uns hier schon ein bisschen, aber erstmal abwarten. Wir sind ja gerade erst angekommen.
Kurvenreiche und enge Straßen führen uns immer weiter in den Norden der Insel. Wir streifen die Küste, mit blauen Meer und kleinen, grünen Inseln. Alles ist wunderschön anzusehen. Auch das Wetter meinte es bisher gut mit uns, was soviel heisst, das es selten regnet und einigermaßen laue Temperaturen herschen. Mit der ständig vorhandenen dicken und dichten Wolkendecke freunden wir uns langsam an.
Als wir uns am frühen Abend auf die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz machen, fällt uns wieder der doch große Unterschied zu Australien auf. Hier gibt es keine Rastplätze an denen man einfach über Nacht bleiben kann, logisch die Wege sind hier ja auch nicht so lang.
Wir suchen weiter, aber von der Straße kommen wir einfach nicht runter, überall Zäune.
Schließlich finden wir einen kleinen Schotterplatz am Rande der Straße. Hinter dem Schotterplatz natürlich eine eingezäunte Weide mit Schafen. Aber zumindest kein Tor oder sonstiges, dies sagt uns, das der Schotterplatz niemandem direkt gehört 😉 Dort blieben wir also.
Am nächsten Morgen, gerade wollten wir losfahren, hält neben uns ein Auto. Der Fahrer lässt das Fenster runter und ruft uns zu: „Habt ihr die Nacht hier verbracht?“
😮 Oho, ein Ranger oder ein Grundstücksbesitzer, der sich doch von uns gestört fühlte?
Tim antwortete ehrlich und sagte ja.
Der Fahrer lachte und meinte: „Wieso hier, es gibt doch viel bessere Stellen!“
Hm, wir erklärten ihm, das wir gerade erst hier angekommen sind und einfach erstmal vorsichtig schauen müssen, was man sich in diesem Land so „erlauben“ darf.
Nach einem kurzen Plausch, lud uns Ben, der ein Kuhfarmer ist, zu sich nach Hause zum Frühstück ein. Und an dieser Stelle stellen wir noch etwas fest: Die Neuseeländer sind genauso „komisch“ freundlich wie die Australier. Und ich frage mich zum tausendsten Mal in diesem Jahr: Warum machen die das, warum nimmt jemand femde Menschen mit zu sich nach Hause, zum frühstücken, einfach so?
Wir fuhren Ben hinter her, von der Hauptstraße auf eine kleine Nebenstraße, über Hügel und an unzähligen Weiden mit Kühen und Schafen vorbei.
Schließlich kamen wir auf seinem Grundstück an und sahen endlich auch mal alles von der anderen Seite des Zauns.
Zusammen mit seiner Frau und den 4 Kindern (3 Mädels 10, 8 und 4 Jahre alt und 1 Junge 5 Jahre alt) frühstückten wir Brot mit Marmelade, dazu Kaffee und Tee. Die Familie ist vor fast 4 Jahren aus der Schweitz nach Neuseeland gekommen. Ben ist gebürtiger Neuseeländer, lebte aber 8 Jahre in der Schweitz.
Hier in Neuseeland besitzen sie nun ein Grundstück mit einer Fläche von 50 Hektar, auf welchen sich ein Wohnhaus und ein Gästehaus (noch im Bau) befindet. Der Rest ist Weide für die Kühe. Außerdem leben noch 3 Hunde, 2 Schafe und 1 Pferd welches bald ein Fohlen bekommt, auf dem Land.
Die ganze Familie spricht untereinander englisch, nur ab und zu fallen mal ein paar Wörter oder Sätze in Schwitzerdeutsch, was uns sofort zum lachen bringt.
Nach dem Frühstück macht sich die Familie an die Arbeit. Wir bleiben noch ein Moment um ein bisschen zuzusehen. Ben und seine Frau müssen die Kälber füttern und messen. Die Kinder füttern die einzigen beiden Lämmer, Spirit und Pitt, die die Familie besitzt. Dabei darf ich helfen.
Nach dem füttern, fahren wir zu einer anderen Weide, auf welchen sich die „erwachsenen“ Kühe befinden. Wir laufen auf der Wiese entlang, mit dem Blick auf die weite Weide und den Hügeln im Hintergrund. Die Kinder springen fröhlich umher. Alle außer wir tragen Gummistiefel und machen sich wenig Gedanken um die riesigen Kuhfladen, welche wir möglichst vermeiden wollen. Robin, das 8-jährige Mädchen, schlägt ein Rad und rutscht aus… steht wieder auf und sagt: „Puh, i missed the Fladen.“ „Puh, ich hab den Fladen verfehlt.“
Die ganze Familie macht trotz der vielen und harten Arbeit mit den Tieren und den Häusern an welchen sie noch zu bauen haben, einen zufriedenen und glücklichen Eindruck. Es scheint so als ob sie hier in der Natur alles gefunden haben, was sie brauchen.
Gerne hätten wir noch mehr Zeit mit Ben, seiner Frau und den Kindern verbracht, aber unser strafer Zeitplan drängt uns weiter und wir verabschieden uns.
Am Mittag des 23.10. kamen wir an die „Bay of Islands“.
Eine große Bucht in welcher sich viele kleine Inseln befinden, zahlreiche Sandstrände und dunkelblaues Wasser welches, wenn die Sonne durchbricht, türkis-grün schimmert.
Es ist uns zu frisch um in das verlockende Wasser zu springen. Also fahren wir noch weiter in den Norden, durch, wie sollte es auch anders sein, grünes hügeliges Schäfchenland.
Am frühen Abend finden wir einen kleinen Rastplatz und beschließen dort zu bleiben.
Am nächsten Morgen fuhren wir bis hinauf an die nördlichste Stelle der Nordinsel Neuseelands, das Cape Reinga. Dort wechselte das Wetter binnen Minuten. Vom Land her sahen wir die dunklen Wolkenabschnitte heran nahen, die immer wieder kurze Regenschauer brachten. Dazwischen ließen Lücken die Sonne hindurch scheinen und auf dem Meer über den Inseln bildeten sich kleine Regenbogen. Es war eine wunderschöne Atmosphäre.
Auf dem Rückweg vom Cape hielten wir an der „Bay of Spirit“. Dort befand sich ein Campingplatz zum selbstregistrieren. Es war jedoch niemand da, so nutzten wir, nach dem wir uns den Strand ansahen, die eiskalten Duschen.
Danach legten wir ein ganzes Stück Weg zurück. Den selben Weg bis zum Cape mussten wir schließlich wieder zurück. Später überquerten wir noch einen Fluß mit der Fähre, bis wir am späten Nachmittag einen Platz zum übernachten am Meer fanden.
Am Morgen des 25.10. befanden wir uns an der Westküste der Nordinsel, der sogenannten „Kauri Coast“. Wir schauten uns die größten der in Neuseeland so berühmten Kauri-Bäume an.
Der Tane Mahuta – „Lord of the Forest“ ist mit 52 Metern der größte bekannte noch lebende Kauri. Sein Stamm misst einen Umfang von 14 Metern. Sein alter wird auf ca. 2000 Jahre geschätzt.
Nach dem wir den beeindruckenden Kauriwald hinter uns lassen, befinden wir uns schließlich wieder auf dem Weideland. Wir fahren wieder durch Auckland durch, kaufen ein paar Sachen ein, tanken und lassen die Stadt ein zweites Mal hinter uns.
Wir passieren Hamilton und finden wieder einen ruhigen Platz zum übernachten.
Ja, wir fahren viel und wir kommen uns selber ein bisschen vor wie auf der Jagd. Es ist ein völlig anderes Reisen als in Australien und wir merken, wir sehr wir daran gewöhnt waren für alles Zeit zu haben. Da wir zu Beginn noch fast 4 Tage verloren haben, haben wir nun das Gefühl uns noch mehr beeilen zu müssen. Die Stunden scheinen nur so an uns vorbei zufliegen und jede kleine Rast die wir einlegen, wird ordentlich bedacht. Wir versuchen uns die schönsten Dinge heraus zupicken und müssen dabei an ein paar sicher auch sehr hübschen Stellen vorbei fahren. Aber alles können wir nun mal nicht sehen und es ist schwieriger als in Australien, wo man einfach außen herumfahren kann und dabei automatisch an allen Wichtigem vorbei kommt. Hier müssen wir uns zwischen Ost- und Westküste und dem Inland entscheiden oder im Zick-Zack fahren. Wir kämpfen uns also durch den Reiseführer und die Karten und auch das ist hier schwieriger. Hier tragen die meisten Städte Maori-Namen (Maoris sind die Neuseeländischen Ureinwohner) und diese auseinanderzuhalten und auf der Karte zu finden, sich zu merken und nicht zu verwechseln ist gar nicht so einfach.
Hier kurz ein Beispiel: In einem Umkreis von nur 50 Kilometern befinden sich Städte/Dörfer mit folgenden Namen: Okato, Oakura, Omata, Okaiawa, Ohura… *uff*
Trotz all dem Neuen, trotz das alles so anders ist, gefällt es uns hier sehr gut. Die Menschen sind offen und freundlich, was hoffentlich nicht nur an der gewonnenen Weltmeisterschaft im Rugby liegt und die Natur, die dieses Land und derren Menschen hier besitzt, ist wahrlich ein Geschenk.