Unsere freien Tage verbrachten wir zumindest vormittags meist im Ort. Da es immerhin 10 km von der Farm bis ins Zentrum sind, versuchen wir alles mit nur einer Fahrt pro Woche zu erledigen. Während die Wäsche im Waschsalon ein wenig durchs halbwarme Wasser gewalgt wird, nutzen wir die örtliche Bibliothek um ein wenig im Internet zu surfen. Nachdem die Wäsche aus dem Trockner wieder in unsere Kleiderkisten gewandert ist, gehts weiter zum Woolworths, dem örtlichen Supermarkt. Eine knappe halbe Stunde später sind alle für eine Woche notwendigen Lebensmittel im Einkaufswagen. Draußen auf dem Parkplatz beginnt dann das Verteilen der Tüten und Packungen in unsere Vorratskisten im Auto, natürlich nach einem gewissen Schema: Honig, Marmelade, Brot, Milch u.ä. in die Frühstückskiste, Reis und Nudeln in die Nudelkiste, Soße in die Soßenkiste … außer den Kartoffelchips, die liegen immer so herum 😉
Während wir einräumen, hören wir ein paar Parklücken weiter Stimmen. Auf einem Supermarktparkplatz nix besonderes, mag man meinen, aber nach nun mehreren Monaten in einem englischsprachigen Land hat man eine Art 6. Sinn für die deutsche Sprache entwickelt. Obwohl man nichts versteht, ist am Klang sowie an der Art und Weise, wie gesprochen wird, sofort zu erkennen, dass Deutsch gesprochen wird. So auch im Falle des Pärchens, dass zwei oder drei leere Parklücken weiter ihr Auto, ein etwas jüngerer Bruder von TiDo, ebenfalls mit Einkäufen beluden. Der Typ merkte auch, dass wir deutschsprechende Backpacker zu sein schienen und hatte wohl auch schon ein paar mal rübergeschaut. Aufgeschlossen wie wir sind, gingen wir hinüber und das erste Gespräch begann nach kurzer Vorstellung über das offensichtlichste gemeinsame Thema: Die Autos!
Sie heißt Raphaela und ist ein ansehnliches, zunächst zurückhaltendes 26 jähriges Mädel aus dem fränkischen Teil Bayerns. Ihr Freund Sebastian, ebenfalls aus Bay.. ähm Franken, ist 29 Jahre alt und ein aufgeweckter, netter sowie redseeliger Typ.
Die beiden waren im April in Australien angekommen und haben dort Ihren Toyota gekauft. Nach einer Runde im Südwesten Australiens hatten sie die Reise hinauf an der Westküste begonnen und füllten nun hier in Carnarvon bis voraussichtlich Ende Juli Ihr Konto mit Farmarbeit wieder auf, wie auch Doreen und ich.
Nach etwa 15 Minuten Quatschen auf dem Parkplatz lud uns Sebastian zu einem Cappuccino bei den beiden „Zuhause“ ein. Bei uns würde das bedeuten, dass wir auf 4 Klappstühlen auf dem Highway-Parkplatz sitzen. Die beiden aber hatten durch ein paar typisch australische Momente ein Zimmer im Haus eines ansässigen Australiers bekommen und so gabs das Getränk am Küchentisch in einem Haus.
Überraschenderweise merkte man gerade Raphaela recht schnell an, wie froh sie war, dass da mal jemand anderes ist, der sich mit dem autonärrischen Sebastian über dessen Lieblingsthema unterhält.
Stück für Stück stellte sich dabei heraus, dass es ein oder zwei kleine Baustellen am weißen Bruder von TiDo gab, bei deren Behebung Tim zumindest als Handlanger behilflich sein könnte. Auch hier war das wohlwollen Raphaelas zu spühren, die Ihre Farmarbeitsfreien Tage verständlicherweise nur ungern im Blaumann verbringt, obwohl sie durchaus autoafin zu sein scheint … aber eben nur bis zu einer gewissen Grenze.
Aus dem netten Nachmittag sollten noch mehrere werden. Und so tauschten wir an diesem Tag zunächst die Handynummern und verabschiedeten uns.
Wir bezogen nun wieder unsere 1500 asphaltierten Quadratmeter und bereiteten uns auf den nächsten Arbeitstag vor.
Mechanikernachmittage, Kochabende und Ausflüge ins Flußbett
Aufgrund des zunehmend nassen Wetters während der letzten Wochen in Carnarvon ergaben sich viele Gelegenheiten, um mit Raphaela and Sebastian etwas Zeit zu verbringen. Ihr Unterkunft war nicht allzu weit von unserer Farm und so mussten wir die verregneten Tage nicht nur im Auto verbringen.
Wie bereits angekündigt, standen einige Reparaturen am Auto der beiden an und so legten Sebastian und ich im gut ausgestatteten Mechanikerschuppen des Hauses los, sobald entsprechende Ersatzteile zur Verfügung standen. Es waren letztendlich durchaus größere Eingriffe in der Getrieberegion des Toyotas, zumindest aus meiner Sicht als Laie.
Wir bauten das Getriebe aus, dass bei diesem Kalliber von Fahrzeug ein äußerst stattliches Eigengewicht mitbringt, und tauschten die angebrochene Kupplungsglocke und ersetzen diverse Lager durch neue. Weiter sorgten Sebastian und ich mit gelegentlicher Hilfe der Mädels dafür, dass der weiße Landcruiser nun auch wieder mit 4-Rad-Untersetzung ins Gelände gehen konnte.
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Dies musste natürlich gleich nach Wiedereinbau des Ge- triebes probiert und ausführlich getestet werden. Glücklicher- weise lag knapp 100m hinter dem Grundstück das Flußbett des Gascoyne River, welches zu dieser Jahreszeit kaum Wasser führte und so einem großen Sandkasten glich.
Der Luftdruck der Autos war schnell halbiert, der 4-Rad-Antrieb zugeschaltet und so stand ein wenig Spaß nichts mehr im Weg. Es ging kreuz und quer durch den Sand, die kleine Absätze hoch und wieder hinunter. Uns allen Vieren war anzumerken, wie sehr wir uns danach sehnten, wieder unterwegs zu sein.
Die Mechanikernachmittage endeten meist in der Küche, wo die Herren frisches Gemüse und Nudeln zu Essen verarbeiteten, während sich die Damen an der PlayStation vergnügten … so läuft das heutzutage, ja ja.
Während der mehreren gemeinsamen Abendessen wuchs auch der Gedanke, zumindest die absehbar identischen Etappen, welche nach dem Ende der Arbeitsperiode vor uns allen lagen, gemeinsam zu absolvieren. Abgesehen von der Gesellschaft hatte das natürlich auch sicherheitstechnische Gründe, denn einige Strecken macht man lieber mit zwei oder mehr Fahrzeugen.