Cape York – 24.09. bis 01.10.2011
4. Oktober 2011 von TiDo

Bevor wir uns tatsächlich ernsthaft daran machen neue Besitzer für unseren Tido zu suchen, starteten wir unseren letzten Trip in Australien. Cape York!

Schon vor einem Jahr überlegten wir hinauf zum nördlichsten Zipfel Australiens zu fahren, aber damals hatten wir es uns einfach noch nicht zugetraut. So ging unser Ausflug „nur“ über den Bloomfield-Track bis nach Cooktown. Ein Jahr später, mit mehr 4WD-Erfahrung, Mut und absolutes Vertrauen in unser Auto, wagten wir das Abenteuer.

Wir verließen Cairns und verbrachten eine Nacht am Strand in Mossman. Am nächsten Tag spazierten wir noch einmal in Port Douglas

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und schließlich ging es mit der Fähre über den Daintree River und zum Cape Tribulation. Anders als im letzten Jahr hatten wir nun Sonnenschein und konnten uns das Cape auch mal bei schönem Wetter anschauen.

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Am nachmittag machten wir uns über den Blommfield-Track auf nach Cooktown. Damals war das unsere erste 4WD Erfahrung und ich kann mich noch zu genau daran erinnern, wie verzweifelt ich bei der ersten Creek Durchfahrt war. Nun jedoch war ich total enspannt und auch Tim fuhr einfach drauf los. Jedoch hatten wir im Vergleich viel wenige Wasser als damals. Vor einem Jahr hatte es bereits tagelang geregnet und die Creeks führten deutlich mehr Wasser. Also war mein fast Nervenzusammenbruch schon ein bisschen verständlich 😉 Die beiden Bilder im vergleich zu damals und „heute“.

Als wir schließlich in Cooktown ankamen, tankten wir noch einmal voll und fuhren zum Grassy Hill Lookout.

Dann gönnten wir uns einen Eiskaffee und fuhren zum selben Strand wie vor einem Jahr, zum übernachten.

Am 26.09. ging die lange Fahrt bis zum „Tip“ los. Knappe 900km lagen vor uns.
Die Cape York Peninsula  ist einer der entlegensten und wildesten Gegenden Australiens, derren Bewohner sich auf nur knappe 18.000 Einwohner belaufen, davon über 60% Aboriginals und Torres Strait Islander. Die „Peninsula Develpoment Road“ war zu Beginn noch apshaltiert (die ersten knapp 100km).
Wir kamen an Felsen vorbei, an denen sich 14.000 Jahre alte Malerein von Aboriginies befanden.

Dann wurde die Straße zur Gravelroad. Manchmal ließ sie sich gut fahren, manchmal schleuderte es uns nur so von links nach rechts. Hier hatten wir nun wieder unsere „Corrugations“, auf deutsch heisst das soviel wie „Wellblech“. Possitiv stimmte uns zumindest, das es trocken war und kein Regen vorhergesagt wurde, wäre zusätzlich noch alles schlammig und matschig, hätten wir wohl noch weniger Spaß. Nach 550km kamen wir an der „Bramwell Junction“ an. Hier trennten sich nun die Wege und wir hatten zwei Möglichkeiten.

Zum einen der „Old-Telegraph-Track“. Hier beginnt das wirkliche Cape York Abenteuer. Jeder Australier der was auf sich hält, sollte diesen Track wohl mindestens einmal in seinem Leben gefahren sein. Er gilt als einer der schwierigsten Tacks des Kontinents und wurde ursprünglich 1880 konstruiert um Kommunikation zwischen Cairns und dem Cape zu ermöglichen. Heute ist er lediglich Abenteuerspielplatz und wird wohl von Jahr zu Jahr schwieriger zu bezwingen, da er nie rekonstruiert wird.

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Die zweite Möglichkeit zum Cape hinauf zukommen, sind die Bypass-Straßen, die um den Old-Telegraph-Track herumführen. Das sind  Gravelroads und um diese zu befahren muss man die Wellblechpisten echt lieben.

Zuerst entschieden wir uns für den Bypass, da wir von niemanden Informationen über den Zustand des Old-Telegraph-Tracks erhielten.
Auf der Bypass-Road wurde es uns jedoch schnell zu blöd. Wir kamen zwar zügig voran, aber Cape York ohne Old-Telegraph-Track ist einfach geschummelt. Also nahmen wir die nächste Verbindungsstraße zum Track.
Auf dem Track angekommen, änderte sich zunächst nicht viel. Es war lediglich sandiger und um einiges schmaler, sodass Bäume und Büsche an den Seiten des Auto´s streitfen.
Unsere Karte kündigte jedoch bald das erste Creek-Crossing an. Und so war es auch. Plötzlich wurde es ganz steil, zusätzlich befanden wir uns in schräglage und vor uns taten sich viele Löcher auf. Als wir dieses erste Hinderniss passierten, standen wir vor dem Creek. Ein Mann, der mit seinem Sohn im Auto vor uns stand, checkte gerade die Wassertiefe und den Untergrund. Er wirkte ganz locker und unbeeindruckt. Dann fuhr er los. Auf der anderen Seite angekommen, hielt er den Daumen in die Höhe und wartete bis wir es auch geschafft haben.

Alles kein Problem. Der Creek war gar nicht tief, nur etwas felsig, aber alles lief reibungslos. So kanns weiter gehen.
Wir unterhielten uns noch kurz mit dem jungen Vater und er konnte uns als erstes etwas über den Zustand des Tracks erzählen. Er meinte, der untere Teil, den den wir bereits umfahren hatten, sei absolut problemlos. Die Creeks sind alle nicht tief, es gäbe lediglich ein paar steile Passagen, aber nichts problematisches.
Der Abschnitt der noch vor uns lag, sollte jedoch schwieriger werden. Tiefere Creeks, die nur die wenigsten passieren. Hm, okay dachten wir und entschieden uns nur bis zu den Wasserfällen zu fahren, die noch auf dem Weg lagen und dann wieder auf die Baypass-Road zu wechseln. Ich war beruhigt 😉

Nach einer schönen Fahrt auf dem Track, mit nur wenigen Hindernissen, die ein bisschen Spannung verursachten, im nachinein aber völlig okay waren, kamen wir an den „Fruit Bat Falls“ an und erfrischten uns erstmal ordentlich.

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Danach ging es noch zu den Eliot-/Twin Falls. Wieder erwarteten uns schöne Wasserfälle, die uns Abkühlung ermöglichten.

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Auf dem Parkplatz der Wasserfälle, parkten wir neben einem Toyota Landcruiser Troopy aus dem Jahr 1982, noch älter als unser Tido. Tim war sofort begeistert von diesem Auto und kam natürlich auch mit dessen Besitzer ins Gespräch. Bob, der Ähnlichkeit mit dem Großvater von Heidi hatte, war mit seinem Enkelsohn Thomas (15) unterwegs.

Er erzählte (ausführlich) der obere Abschnitt des Tracks seie kein Problem und schwupdiwups änderte sich auch unser Plan und wir wollten dem Old-Telegraph-Track weiterhin folgen. Ich war etwas beunruhigt, hatte die Worte des jungen Vaters noch genau im Ohr. „Tiefere Creek Crossing, die nur die wenigstens schaffen.“ Naja! Bob beruhigte uns, er würde in einer halben Stunde auch aufbrechen und wäre somit hinter uns und könne uns im Notfall helfen. 

Wir fuhren also los und nach wenigen Kilometern kamen wir an eine Stelle in der in jede Richtung Reifenspuren zu sehen waren und eindeutig auch ein CreekCrossing bevor stand. Nur, wo ging der „Weg“ lang? Ich stieg aus, lief hintunter zum Creek um Tim den Weg zu zeigen, ehe er irgendwo herunterfährt und dann nicht zurück kommt. Zu den Creeks hinunter ging es immer sehr steil, schmal und schräg herab. Zurückfahren ist fast nie möglich. Einmal unten gibt es nur noch einen Weg und der geht durchs Wasser. Ich stand also unten am Wasser und sah überall Reifenspuren ins Wasser hinein und auf verschiedenen Seiten wieder hinausfahren. Der Creek war nicht tief, aber der lehmige Boden an den Ein- und Ausfahrten war teilweise so steil und überall waren tiefe Löcher zu sehen, das mir nicht klar war wo es lang gehen sollte. Also kam Tim auch nach unten gelaufen und lief einmal alles ab.
Während wir den Weg suchten, kam Bob von hinten. Von wegen halbe Stunde…
Er zwängte sich an unserem Auto vorbei und fuhr geradewegs durch den Creek. Komme was wolle. Humpeldibumpel… und auf der anderen Seite tat sich so eine steile Bank auf, aber er fuhr „einfach“ hinauf, stieg aus seinem Auto, grinste zu uns herüber und zuckte mit den Schultern. „Easy going!“ Na klar…
Schließlich zeigte uns Bob, der übrigens schon zum 15. Mal den Old-Telegraph-Track fährt, den für uns günstigsten Weg und schließlich war auch dieses Creek-Crossing kein Problem.

Im übrigen ist das Wasser in den Creeks unglaublich klar und sauber. Immer wieder springen wir zwischendurch ins kühle Nass. Natürlich erst nach dem wir uns davon überzeugt haben, das sich keine Krokodile im Wasser befinden. Aber Bob erzählte uns, das sie sich in den seltensten Fällen direkt am Crossing aufhalten, da ist einfach zuviel los.

Auf dem weiteren Weg fuhr Bob vor uns und auch die nächsten Wasserdurchfahrten machten keine großen Probleme. Sie wurden zwar zunehmend tiefer, aber auch noch für uns (ohne Schnurchel am Auto) durchfahrbar.

Dann blieben wir jedoch stecken. Das heisst nicht wir, sondern ein Auto mit Anhänger vor uns hatte sich festgefahren und so steckten auch wir hinter ihm „fest“. Es war eine steile und schräge Auffahrt und am Auto ist wohl irgendwas am Getriebe kaputt gegangen. Auch sie waren mit zwei Autos unterwegs, jeweils mit Anhänger und Kind und Kegel. Alle standen verstreut um die „Unfallstelle“, machten Fotos und drehten Videos. Die Männer der beiden Fahrzeuge überlegten, wie man das Auto nun am besten heraus bekommt. Natürlich sind die beiden Autos voll profimäßig ausgestattet, mit Winde vorn am Auto, riesigen Werkzeugkisten, Ersatzteilen und allem drum und dran. Es dauerte jedoch trotzdem über eine Stunde, bis das Auto mit Anhänger hinaufgezogen wurde. Bob setzte sich während dessen in ein schattiges Plätzchen und laß ein Buch mit dem Titel „Hindenburg“ 🙂

Schließlich ging die Fahrt weiter. Wir passierten eine Brücke, die lediglich aus halbmaroden zusammengebundenen Baumstämmen bestand

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und kamen danach an einem Creek an, zu welchen Bob meinte, der sei nun etwas tiefer als die anderen. Ich sah Thomas, der die Tiefe checkte, bis zum Bauchnabel im Wasser stehen und mir wurde mulmig. Ich erinnerte Bob daran, das wir keinen Schnurchel besitzen. Darauf hin schaute er sich kurz an wo sich die Luftansauge des Motors befindet und meinte, wir probieren es. Er sagte zu Tim, wenn er das Gefühl habe unterzugehen, sofort Motor ausmachen. Das beruhigt nicht unbedingt. Aber wir, aber vor allem Tim wollte es natürlich wissen. Bob nahm mich in seinem Troopy mit auf die andere Seite des Creeks, damit ich ein Video machen kann. Sonst bin ich einfach durch das Wasser gelaufen, aber hier war es einfach zu tief und zu trüb (im Falle es wären Krokodile da, könnte man sie nicht sehen)

Ich saß also mit im Troopy und Bob fuhr langsam los. Plötzlich trat Wasser im Fußraum ein und ich stoß erschrocken einen kleinen Schrei aus. Bob lachte und fragte dann ob wir irgendwelche wichtigen Sachen unten im Auto liegen haben. Wir hatten allesmögliche unter den Sitzen… Handtasche, Portemonaie, Schuhe etc. Okay, bei den meisten Sachen wäre es nicht schlimm wenn sie naß werden würden. Trotzdem rief ich Tim noch zu, das er ein paar Sachen nach oben räumen soll, denn es würde bei uns definitiv Wasser ins Auto kommen, da unser Auto flacher ist als Bob´s.
Kurz bevor sich Tim ins Wasser stürtzen wollte, rief Thomas von irgendwo her, das er einen anderen Weg gefunden hatte, den man auch durchs Wasser fahren könne. Wir guckten um die Ecke und siehe da, ein viel kürzerer Weg und nur halb so tief. Bob bekam einen Lachkrampf und ich war erleichtert. Es ging also nur einmal tief hinein, die Motorhaube steckte nur kurz im Wasser und kam sofort wieder heraus.

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Die Fahrt ging weiter und wir hatten nur noch einen einzigen Creek vor uns, bevor der Old-Telegraph-Track am Jardine River endet und man (im Normalfall) die Fähre hinüber nimmt.
Am Creek angekommen, begrüßte uns eine Frau die mit ihrem Hund am Wasser campte, mit den Worten: „Hier ist es verdammt tief, Leute. Ich stehe seit 2 Tagen hier und 50% aller die hier durchfahren bleiben stecken.“ Dann folgte ein zweifelnder Blick auf unser Auto und dann sagte sie: „Die ohne Schnurchel fahren nicht mal los!“
Für mich war es in dem Moment vorbei. Bis hier hin und nicht weiter, dachte ich. Ich meine, die Frau hat alles mit eigenen Augen gesehen, was soll uns nun noch weiter treiben?
Natürlich, Bob! Er scheint nur mit halben Ohr zugehört zu haben, bastelt sich seinen selbstgemachten Schnurchel ans Auto und sagt immer wieder „No worries!“ – „Macht euch keine Sorgen!“

Tim war es dann auch nicht mehr so geheuer, er legte aber viel Vertrauen in Bob und seine Erfahrungen. Er kennt die Creeks scheinbar in und auswenig. Ich wollte es jedoch nicht riskieren und wurde ein bisschen zickig. „Soll der Bob doch mit seinem tollen Troopy da durch fahren, aber wir müssen unser Auto noch verkaufen.“ Daraufhin Tim: „Willst du den ganzen Track wieder zurückfahren, inklusive der ganzen Wasserdurchfahrten bis hin zum Bypass?“ Ich zuckte mit den Schultern und war am verzweifeln, weil ich genau wusste, das das heisst, das wir es probieren. Während wir nun hin und her diskutierten, machte sich Bob an unserem Tido zu schaffen. Für ihn gab es gar keine Diskusion. Im Handumdrehen hatte er seinen Regenmantel vor unsere Luftansauge befestigt, als Schutz vor dem Wasser. Dann stieg er ins Auto und wählte genau die Wassereinfahrt (es gab zwei Einfahrten), von der die Frau abgeraten hatte. Natürlich fuhr er ohne Probleme durchs Wasser.

Dann waren wir an der Reihe und Tim äußerte kurz etwas Angst. Na das hast du nun davon, dachte ich mir und positionierte mich mit der Kamera.

Natürlich ging alles gut. Es war tief, aber wenn man den richtigen Weg fuhr, sollte es keine Probleme geben. Die Frau war beeindruckt. Für sie waren wir die ersten ohne Schnorchel und dann noch so souverän.
Wir waren so erleichtert und zu gleich froh es doch gewagt zu haben. Das Gefühl es geschafft zu haben ist einmalig.

Da es am Creek wunderschön war und wir mit anderen Creekdurchfahrern immer wieder ins Gespräch kamen, entschieden wir uns über Nacht dort zu bleiben. Wir planschten noch etwas im glasklaren Wasser und spielten mit dem Hund „Tryton“, der total scharf aufs Stöckchen-werfen war.

Am nächsten Tag frühstückten wir ausgiebig und füllten außerdem einen unserer Wasserkanister mit Flusswasser auf, da wir bisher noch nirgendwo auf der Halbinsel, nicht mal am Roadhouse, die Möglichkeit zum auffüllen hatten. Das Flusswasser war aber so klar und sauber, das es zumindest für´s abwaschen und kochen gut genug sein sollte.
Schließlich verabschiedeten wir uns von Bob und Thomas. Wir waren sehr dankbar die beiden getroffen zu haben. Dann ging es mit der Fähre über den Jardine River, der eigentlich zu tief zum durchfahren ist. Ursprünglich konnte man auch ihn durchfahren, aber die Fahrspur ist mittlerweile viel zu tief und der Fluß zu breit. Außerdem lassen die Krokodile es nicht zu, ihn abzulaufen. Also wurde eine Fähre angebracht und für stolze $88 kommt man sicher über den Fluß und auch wieder zurück. Genau genommen bräuchte man jedoch nur zwei Fähren aneinander stellen und dann hinüberfahren, aber egal. Wir betrachteten die $88 als Eintrittskarte zum nördlichsten Punkt des Kontinents.

Wir fuhren weiter auf einer Gravelroad und kamen durch Bamaga, einer kleinen Gemeinde, der wir nicht allzu viel Aufmerksamkeit schenkten. Ein Track führte weiter zum Cape York. Die letzten Kilometer fuhren sich wunderbar. Es war ein kurvenreicher und enger Weg, der sich direkt durch den Regenwald schlängelte, sehr idylisch und wunderschön.

Als der Weg endete lag vor uns einer traumhaft weißer Sandstrand, türkisfarbenes Wasser und jede Menge Palmen. Dann folgte noch ein kurzer Spaziergang über ein paar Felsen und schließlich sagte uns ein Schild, welches am letzten Felsen befestigt war: „You are standing at the northernmost Point of the Australian Kontinent.“
Geschafft!

Leider verschwand dann die Sonne und es zogen dicke Wolken heran. So erübrigten sich die geplanten entspannten Stunden am Strand 🙁

Es ging zurück bis Bamaga, dort schauten wir uns noch das Wrack einer im Jahr 1945 abgestürzten DC3 an.
Dann fuhren wir wieder zur Fähre und folgten diesmal der Bypass-Road um den nördlichen Teil des Old-Telegraph-Tracks, den wir ja bereits gemeistert hatten.
Am späten nachmittag kamen wir am unteren Teil des Old-Telegraph-Tracks an und fuhren die ersten Abschnitte alleine und ohne Probleme.

Am berühmten „Gunshot-Creek“ schlugen wir unser Lager für die Nacht auf. Schon vor unserem Trip hier her, sahen wir bereits viele spektakuläre Videos und wir waren sehr gespannt. Das Witzige, zu unserer Zeit führte der Creek fast kein Wasser, das Hinderniss ist nämlich nicht die Wasserdurchfahrt, sondern, wie der Name schon sagt der „Gunshot“. Normalerweise fährt man den Track von unten nach oben, am „Gunshot“ ist dann eine ganz steile und tiefe „Bank“. Ein Abgrund sozusagen, in den man sein Auto einfach „runterfallen“ lässt. Das Auto würde dann senkrecht stehen, mit der Schnauze auf dem Boden und das Hinterteil in der Luft. Ein anderes Auto kann einen dann von vorn ziehen, wenn man es nicht aus eigener Kraft wieder in die Waagerechte schafft. Wir denken jedoch, die Zeiten des Gunshot´s sind mitlerweile vorbei. Es ist so ausgefahren und ringsherum haben sich soviele kleinere Gunshots gebildet. Für uns wäre es aber sowieso nicht in Frage gekommen, da man den Gunshot eigentlich nur in eine Richtung also von unten nach oben fahren kann.

Mit uns campten an dem Abend noch drei andere Autos am „Gunshot-Creek“, mit dessen Besitzern (Australier) wir am nächsten Morgen ins Gespräch kamen. Wir fanden einen halbwegs pasablen Weg um den Gunshot-Creek doch noch passieren zu können. Die Männer liefen den Abschnitt ab und diskutierten die beste Fahrspur aus. Schließlich wurden über Funk Anweisungen gegeben und als die optiamale Position erreicht wurde, heisst es kräftig aufs Gas gehen und dann jagen die Australier mit ihren neuen, teuren Auto´s (im Vergleich zu unserem) inklusive tonnenschwerer Anhänger steile, schräge und löchrige Auffahrten hinauf. Wir waren völlig baff und beeindruckt. Die kennen scheinbar keine Schmerzgrenze.
Dann waren wir an der Reihe. Paul gab Tim Anweisungen und auch unser alter Opa schaffte es beim zweiten Anlauf hinauf, was wiederum die Australier begeisterte.

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Dann ging es schließlich weiter. Die Australier fuhren den Track bereits von unten nach oben und erklärten uns, das alles was kommt überhaupt nicht problematisch wäre, abgesehen vom allerletzten Hinderniss, welches nur 4km vor dem Ende des Old-Telegraph-Tracks liegt. Paul fragte uns, ob wir „Limited Slip“ oder „Differenzial Logs“ haben? Das ist, wenn ein Rad in der Luft hängt und durch dreht, kann das andere Rad an der selben Achse, welches noch Bodenhaftung hat trotzdem normal weiterdrehen. Das haben wir jedoch nicht, leider. Paul sagte daraufhin nur: „Hm… Wir werden sehen…“
Wir waren gespannt, denn den ganzen Track zurück bis zum Bypass fahren und dann außenherum, würden wir mit unserem Sprit nicht mehr schaffen :-/ Das würde heissen, das wir notfalls 4km bis zum Ende des Tracks laufen müssten, dort befindet sich dann auch das Roadhouse, dort Sprit kaufen und wieder zurück laufen und dann alles zurückfahren. Puhh… Naja, daran wollten wir noch nicht denken. Was die Australier mit Anhänger schaffen, schaffen wir auch.

Wir passierten noch einige flache Creeks, der Weg war sehr holprig und öfters fuhren wir lange in Schräglage, es war teilweise sandig und furchtbar eng. Es ging also nur schleppend voran, aber übers Funkgerät ergaben sich ein paar witzige Gespräche mit den Australiern.

Schließlich kamen wir an der besagten Herausvorderung an, Palm Creek. Das Einzige was Tim und ich dachten war: „Verdammt ist das steil“. Und dazu kommt noch der Schlamm, den wir seit Carnarvon ja so lieben.
Die Männer waren jedoch sofort in ihrem Element, ablaufen, gucken, diskutieren, auswerten. Die Frauen suchten sich, ausgestattet mit Kamera und Kaffeepott, einen geeigneten Platz und richteten sich für einen längeren Aufenthalt ein.
Wir waren gespannt! Nur 4km vorm Ziel entfernt. Der Ergeiz war groß! Die Angst auch!

Dann war es soweit und Paul mit seinem Nissan Patrol inklusive Anhänger machte den Anfang. Es war ein ohrenbetäubender Lärm verbundenen mit unglaublich viel Qualm und Reifenquietschen, der Anhänger baumelte hinten dran und „flog“ dem Nissan förmlich hinterher. Es war unglaublich anzusehen, mit was für einer Kraft das Auto sich und den Anhänger da hochzieht. Einfach Wahnsninn. Alle fingen an zu schreien und zu aplaudieren. Mir zitterten die Knie.

Als nächster war der Nissan Navara an der Reihe, ohne Anhänger. Auch er schaffte es.
Schließlich noch der Lexus mit Anhänger…

Und dann waren wir dran…
Da unser alter Opa nicht diese „besondere“ Ausstattung hat, ließ Tim noch den Reifendruck runter, um den Reifen soviel Fläche zum „greifen“ wie Möglich zu bieten.
Die ersten drei Anläufe waren sehr ernüchtern. Tido schaffte es nicht mal annähernd hinauf und sank sofort mit seinem Arsch zurück in den Schlamm 🙁
Tim ließ noch einmal Luft ab und Paul überlegte wo man am besten mit den Reifen aufsetzen sollte um Haftung zu bekommen.
Mit verschiedenen Tips wie zum Beispiel das Lenkrad ganz wild rumreißen um irgendwo Haftung zu finden usw folgten noch mehrere vergebliche Versuche. Ich war mittlerweile schweißgebadet und Tim´s anfängliche Furcht und Respekt hat sich in noch größeren Ergeiz verwandelt.

So folgte ein nächster Versuch, diesmal mit mehr Anlauf. Und siehe da… Tido kämpfte sich mühsam und geräuschvoll nach oben. Aber dann… reicht die Kraft und Reifenhaftung nicht aus und er sinkt doch wieder zurück in den Schlamm. So knapp war es jedoch noch nie. Alle waren nahe am jubbeln und aplaudieren, doch es folgte verzweifeltes Hände über dem Kopf zusammen schlagen.

Paul fragte bereits nach dem herausziehen über eine Seilwinde, aber Tim hatte Blut geleckt. So knapp vor dem Ziel, wollte er nicht aufgeben. Ich konnte das verstehen und wünschte mir natürlich auch das wir es schaffen, noch mehr aber wünschte ich mir ein heiles Auto.
Es folgten noch einmal 3 Versuche und viel Schweiß auf der Stirn wegwischen. Schließlich gaben wir auf 🙁 und ließen uns vom Nissan Navara heraus ziehen.

Die Nissanfahrer machten natürlich sofort ihre freundschaftlich gemeinten Witze: „Der Nissan zieht nen Toyota aus dem Schlammassel. HAHA…“  Hier gilt der Toyota Landcruiser als DER Allradwagen überhaupt. „Einfach nicht tot zukriegen.“ usw. Normalerweise zieht der Toyota einen Nissan hinter sich her. Hier war es nun andersherum. Tim war etwas enttäuscht, das wir die letzte Hürde nicht aus eigener Kraft gemeistert hatten, aber trotzdem können wir nun sagen, das wir den Old-Telegraph-Track komplett bewzungen haben.

Einziger Defekt: Die Kappe des rechten Rücklichtes.

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Als wir nach den letzten 4 Kilometern mit einem völlig eingeschlammten Auto am Roadhouse und somit am Ende des Tracks ankamen, mussten wir erst einmal ein bisschen zur Ruhe kommen und gönnten uns ein Eis. Als wir dann auftanken wollten, jagte uns der Tankwart noch einen Schrecken ein. Ausversehen ließ er 4,5l Benzin in unseren Tank 😮 Klasse! Halb so wild meinten die anderen, umgedreht wäre wohl schlimmer gewesen und so füllten wir den Rest mit Diesel auf.

Am Nachmittag fuhren wir noch ein ganzes Stück bis Coen, eine kleine „Stadt“ durch die wir auf der Hinfahrt nur durchfuhren. Hier leisteten wir uns eine Dusche für $2 pro Person auf einem Campingplatz und kauften uns noch einen Eiskaffee im Tetrapack. Den genossen wir gemütlich am Coen River. Da sich noch ein junges australisches Pärchen und zwei deutsche junge Männer zu uns gesellten, entschieden wir, die Nacht am Fluß zu verbringen.
Am nächsten Morgen ging die Fahrt weiter, bis zurück nach Cairns, wo wir Tido schließlich einer ordentlichen Autowäsche unterzogen. Zum Ende unserer Reise haben wir ihn also noch einmal richtig auf die Probe gestellt, ihm harten Tobak zugemutet und gestriezt, aber selbst auf einem der härtesten Tracks blieb uns unser Tido treu.

Und nun ist auch unser letzter Trip auf diesem Kontinent vorbei. Es war noch einmal ein richtiges Abenteuer. Der Old-Telegraph-Track mitten in unberührter australischer Wildniss war eine Erfahrung, von der wir wohl noch lange berichten werden und die entstandenen Videos werden uns beim anschauen viel Freude bereiten und uns immer wieder in diese Zeit zurück versetzen.

Auto zu verkaufen!
8. Oktober 2011 von TiDo

Nun war es also soweit und nach über 12 Monaten reisen in Australien mussten wir unseren, uns sehr ans Herz gewachsenen „Tido“ zum Verkauf anpreisen. Dabei haben wir ihn doch gerade erst gekauft… Zumindest kommt es uns so vor.

Noch einmal wurde ordentlich geputzt und aufgeräumt und schließlich wurden die „for Sale“-Zettel an die Fenster geklebt. Und nun heist es: warten, Auto zur Schau stellen und warten.

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Abschied für immer – 10.10.2011
10. Oktober 2011 von TiDo

So schwer es mir am Anfang auch gefallen ist, ihm zu vertrauen, so schwer ist es mir heute gefallen, ihn zurück zulassen. Tido war für uns mehr als nur ein fahrbarer Untersatz, mehr als nur ein altes, rostiges Auto (Sorry Tido!). In ihm wurde gelebt, geliebt, gelacht, geweint und auch gestritten. Das war es, was ihn zu unserem zu Hause gemacht hat. Er war hier das Wichtigste für uns und unser wertvollster Besitz. Ohne ihn wären wir niemals soweit gekommen. Er war uns immer treu und hat uns überall sicher und zuverlässig hingebracht, überall. Den schwierigsten Wegen und Hürden hat er getrotzt. Und nun kam der Moment des Abschiedes, ein Abschied für immer.

Und das sind sie, die neuen stolzen Besitzer:

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Karo, Franzi und Anna, 3 junge, reiselustige Mädels aus´m Pott haben sich getraut und werden hoffentlich die schönste Zeit ihres Lebens mit „Tido“ erleben – so wie wir.

Zu Beginn waren wir etwas skeptisch, als wir die SMS lasen, in dem jemand sein Interesse an unserem Auto verkündete und diese mit drei Mädchennamen „unterschrieben“ war. Aber, warum eigentlich nicht? Wenige Minuten später, standen die Drei vor unserem Auto und haben sich, so wie Tim vor einem Jahr, sofort in ihn verliebt. Eine Probefahrt am nächsten Morgen, bestätigte das Ganze dann noch einmal.
Nun hatten wir noch 2 Nächte um uns in Ruhe auf den Abschied vorzubereiten. Irgendwie konnten wir es uns jedoch nicht vorstellen, Tido herzugeben. Das Gefühl, das die letzte Nacht bevor steht, die letzten Kilometer in ihm zurück gelegt werden… wollten wir einfach nicht annehmen.

Heute Morgen war es dann soweit. Die Papiere wurden ausgefüllt und dann wurde Geld gegen Schlüssel getauscht. Bevor wir ihn ganz hergaben, verewigten wir uns natürlich noch.

Schließlich standen unsere Rücksäcke auf der Straße und die Mädels zogen ein. Als wir dann Arm in Arm zuschauten wie „unser“ Tido ohne uns die Straße runterfuhr, abbog und schließlich nicht mehr zusehen war…. haben wir unsere Tränen nicht mehr zurück halten können. Unser Herz war sehr, sehr schwer.

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Das Beste was uns in Australien passieren konnte, war Tido!

Sydney Reloaded – 11.10. bis 18.10.2011
14. Oktober 2011 von TiDo

Nur wenige Stunden nach dem wir am 10.10. schwerenherzens unseren Tido in andere Hände gaben, kamen wir mit Flugtickets für den nächsten Tag aus einem Flightcentre.
Von dem Kontinent, welchen wir über einen Jahr bereist haben, wollen wir uns in Sydney verabschieden. Im Januar verbrachten wir ja schon über eine Woche hier und es hatte uns so gut gefallen, das wir uns noch eine Zugabe gönnten.

In Cairns buchten wir bereits ein Hostel für den Zeitraum in Sydney und da wir ja trotzdem ein bisschen aufs Geld achten müssen, landeten wir in einem 18-Bett-Zimmer. 16 (!!!!!) fremde Menschen. Klingt schlimm, aber eigentlich ist es ganz angenehm und alle Mitbewohner sind nett. Da wir sowieso nur die Nachtstunden im Zimmer verbringen und wir erstaunlich gut schlafen, sind wir sehr zufrieden. Übrigens, wir schlafen in der dritten Etage über „Burger King“ hinter dem Fenster ganz links!

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Die Woche verbrachten wir wieder einmal hauptsächlich mit ausgiebigen Spaziergängen rund um den Sydney-Harbour. Da am Sonntag auch noch Tag der offenen Tür in der Oper war, schauten wir uns diese auch gleich noch etwas genauer an.

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So und hier nun noch mehr Bilder, die ihr wohl alle schonmal so oder so ähnlich in unserem Blog gesehen habt … oh ohh, die Oper und die Brücke sind auch wieder dabei …

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Na klar, da gehen doch immer noch ein paar unserer geliebten Nachtaufnahmen …

Goodbye Australien – 17.10.2011
17. Oktober 2011 von TiDo

Kaum zu glauben, das wir nun 13 Monate in diesem wundervollen Land, fast am Ende der Welt verbrachten. Was wir alles erlebten, werden wir wohl erst nach und nach wirklich realisieren. Doch eines wissen wir, dieser atemberaubende Kontinent mit seiner Vielfältigkeit und doch Einzigartigkeit wird uns fehlen. Das freie Leben in endlosen Weiten, die atemberaubenden Sonnenuntergänge, die Traumstrände, all die außergewöhnlichen Tiere… und natürlich unseren Tido!

Doch auch all die Menschen, die wir auf unserer Reise kennenlernen durften, werden wir vermissen. Die Freundlichkeit gegenüber Fremden, das unvoreingenommene Vertrauen und die gelassene Art zu Leben, die sie uns zeigten, dafür sind wir ihnen dankbar. Wir sind glücklich, das sie ein Teil unserer Reise und somit unseres Lebens wurden und das auch wir einen kleinen Platz in ihrem Leben füllen durften.

Unser Abschied von Sydney und Australien erfolgte in luftiger Höhe, denn zum Lebewohl sagen stiegen wir hoch hinauf auf die „Sydney Harbour Bridge“ – schwerste und gleichzeitig längste Stahl-Bogenbrücke der Welt.

Größere Kartenansicht

„Niemals geht man so ganz – irgendwas von uns bleibt hier!“

Auf Wiedersehen Australien!